Kein Ja zu CETA auch aus Thüringen

Rechtswissenschaftler: Votum im Bundesrat zwingend / Auch Rot-Rot-Grün in Berlin würde nicht zustimmen / Grüne: »Bleibt ein schlechtes Abkommen«

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Berlin. Nachdem nun das umstrittene Freihandelsabkommen CETA doch am Sonntag unterzeichnet wird, richtet sich die Aufmerksamkeit auf die Mitentscheidungsprozesse hierzulande. Es ist zwar noch umstritten, ob nach dem Europaparlament dann nicht nur der Bundestag, sondern auch die Länderkammer über den Deal befinden muss. Doch die Diskussionen über mögliche Voten hat längst begonnen.

Eine rot-rot-grüne Berliner Landesregierung würde - sollte es zu der Koalition kommen - dem umstrittenen Freihandelsabkommen mit Kanada im Bundesrat nicht zustimmen. Darauf hätten sich SPD, Linke und Grüne bei den Koalitionsverhandlungen verständigt, sagte Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop in dieser Woche.

Rot-Rot-Grün in Thüringen kann sich laut der Deutschen Presse-Agentur nicht auf eine gemeinsame Position zu CETA verständigen. Sollte es zu einer Abstimmung über das umstrittene Abkommen im Bundesrat kommen, würde sich Thüringen der Stimme wie im Koalitionsvertrag bei Meinungsverschiedenheiten vorgesehen enthalten. »Meine Skepsis zu CETA bleibt«, sagte Ministerpräsident Bodo Ramelow.

Wallonie nickt CETA ab
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Ähnlich hatte sich in den vergangenen Tagen unter anderem Thüringens Europaminister Benjamin-Immanuel Hoff geäußert. Anders als die beiden Linkenpolitiker glaubt SPD-Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee, auch in Thüringen könnten Unternehmen, Verbraucher und Beschäftigte von dem Handelsabkommen profitieren - und hofft deshalb auf zügige Zustimmung.

Ramelow wurde mit den Worten zitiert, er »warte ab, was jetzt passiert« - ein Hinweis auf die Diskussionen über das Verfahren in der Bundesrepublik. Aus seiner Sicht ist noch nicht ausgemacht, dass der Bundesrat über das Freihandelsabkommen entscheiden muss.

Der Rechtswissenschaftler Ulrich Karpen von der Universität Hamburg sagte, eine Zustimmung der Bundesländer sei »zwingend nötig«. Schließlich müssten die Länder die ausgehandelten Gesetze in eigener Regie selbst umsetzen, etwa Bestimmungen für die Landwirtschaft oder den Verbraucherschutz. »Nach Artikel 77 und 84 des Grundgesetzes liegt deshalb ein Zustimmungsgrund vor«, so Karpen. Sein Kollege Ulrich Haltern von der Universität Freiburg äußerte sich ähnlich.

Spannend dürfte auch werden, die die Grünen in den jeweiligen Ländern sich positionieren. »Es ist und bleibt ein schlechtes Abkommen, das unseren Rechtsstaat mit Schiedsgerichten für Konzerne aushöhlen würde und Schutzstandards für Umwelt und Verbraucher zum Handelshemmnis erklärt«, sagte Fraktionschef Anton Hofreiter der Deutschen Presse-Agentur zu CETA.

Zu den möglichen Voten im Bundesrat äußerte Hofreiter sich zurückhaltend: »Es geht uns nicht um Blockaden, sondern darum, ein gutes Abkommen zu beschließen.« In der Länderkammer entscheiden nicht die Grünen alleine, sondern als Teil der jeweiligen Landesregierung.

Möglicherweise werden sich Bundestag und Bundesrat erst nach der Bundestagswahl im Herbst 2017 mit CETA befassen. Damit das Freihandelsabkommen in vollem Umfang in Kraft tritt, müssen die Parlamente aller 28 EU-Staaten zustimmen. vk/mit Agenturen

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