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LESEPROBE

  • Lesedauer: 2 Min.

Für offene Grenzen

Immer wieder erreichen uns Nachrichten über Menschen, die in der Hoffnung auf ein besseres Leben nach Europa aufbrechen und unterwegs den Tod finden. Eine von Journalisten betriebene Datenbank verzeichnet mehr als 30 000 Männer, Frauen und Kinder, die seit dem Jahrtausendwechsel beim Versuch, nach Europa einzuwandern, ums Leben gekommen sind. Viele von ihnen sind im Mittelmeer ertrunken, andere sind auf hoher See verdurstet oder eingepfercht in Schiffscontainer oder Lastwagen erstickt. Fast alle dürften sie für ihre tödliche Reise mehr bezahlt haben, als ein Ticket für eine sichere Überfahrt mit der Passagierfähre oder eine Flugreise gekostet hätte. hätte ihnen eine legale Einreise offengestanden.

Diese Tatsachen werfen eine ganze Reihe von drängenden ethischen Fragen auf. Sollte das internationale Asylregime legale Kanäle für die Einreise von politischen Flüchtlingen schaffen? Ist die kategorische Unterscheidung zwischen »richtigen« politischen Flüchtlingen und »falschen« Wirtschaftsflüchtlingen aus ethischer Perspektive überhaupt haltbar? Und sollten wir der Verhinderung vermeidbarer Todesfälle nicht ohnehin den Vorrang einräumen gegenüber anderen Politikzielen, so legitim diese ansonsten auch sein mögen?

Aber die grundlegendste philosophische Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt, ist sicher die, mit welchem Recht Staaten überhaupt den Anspruch erheben, darüber zu verfügen, wer in ihr Staatsgebiet einreisen und sich dort niederlassen darf und wer nicht. Lässt sich ein staatliches Recht auf Ausschluss gegenüber Einwanderungswilligen mit guten Gründen rechtfertigen? Oder sollten wir langfristig eine Welt anstreben, in der jeder Mensch frei darüber entscheiden kann, auf welchem Fleck der Erdoberfläche er sich aufhalten möchte, ohne den jeweiligen Staat um Erlaubnis bitten zu müssen ?

Aus der Einleitung von Andreas Cassee zu seinem Buch »Globale Bewegungsfreiheit. Ein philosophisches Plädoyer für offene Grenzen« (Suhrkamp, 181 S., br., 17 €).

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