Weltkulturerbe und Kraftwerk

Spannungsfeld Marrakesch

  • Roland Etzel
  • Lesedauer: 2 Min.

Es gibt wohl keine nennenswerte Straße in Marrakesch, die jetzt nicht beflaggt ist und das seit gut einer Woche. Tausendfach ziert das schwarze Fünfeck auf rotem Grund die Stadt. Marrakesch ist neben Fes, Meknes und der aktuellen Hauptstadt Rabat eine der vier Königsstädte Marokkos. Vor allem wegen seiner sakralen Prachtbauten aus dem 12. bis 14. Jahrhundert wurde die Altstadt Marrakeschs 1985 in die Liste der Weltkulturerbestätten aufgenommen.

Auch an begüterten Personen ist die reichlich 900 000 oder knapp zwei Millionen Einwohner zählende Stadt - je nachdem, ob man die zahlreichen Vororte miteinbezieht oder nicht - nicht arm. Bürgermeister Mohamed Larbi Belkaid freut sich über den jährlich steigenden Zuzug wohlhabender Personen aus Marokko wie aus dem Ausland, vor allem aus Westeuropa und den Golfmonarchien. Der Tiefpunkt der jüngeren Stadtgeschichte scheint nicht mehr abzuschrecken. 2011 waren bei einem Bombenattentat auf ein Café am Platz der Gaukler, dem Herzen der Stadt, 17 Menschen getötet worden.

Heute kommen wieder Tausende Tagestouristen; Dauergäste wollen in und um Marrakesch ihren Lebensabend verbringen. Franzosen und Spanier zieht es - neben den niedrigen Grundstückspreisen - auch wegen des milden Klimas in die Stadt. 100 Kilometer weiter, im über 4000 Meter hoch gelegenen Atlasgebirge, kann man im Winter trotzdem Ski laufen. Die Zuwanderer vom Golf reizt wohl mehr die Milde der marokkanischen Gesetze, z. B. in puncto Alkohol. Das in Marokko gebraute Bier ist passabel und straffrei konsumierbar.

Im krassen Gegensatz dazu stehen die Bedürfnisse jener »Zuwanderer« auf Zeit, die aus Schwarzafrika kommen. Für sie, die allenfalls Geduldeten, ist Marokko Zwischenstation auf ihrem geplanten - illegalen - Weg nach Westeuropa.

Aber es ist gewiss etwas anderes, was Marokko im allgemeinen und Marrakesch im besonderen zum Tagungsort für einen Klimagipfel avancieren ließ. Marrakesch liegt nur 200 Kilometer entfernt von der Stadt Ouarzazate. Hier, reichlich 1000 Meter über dem Meeresspiegel zwischen Antiatlas und Hohem Atlas, entsteht derzeit das größte solarthermische Kraftwerk der Welt mit einer geplanten Leistung von 500 Megawatt bis 2017, und das soll noch nicht das Ende sein.

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