»Das ist ein afrikanischer Klimagipfel«

Gastgeber Marokko kündigt Konferenz des Handelns an

  • Susanne Götze und Christian Mihatsch, Marrakesch
  • Lesedauer: 3 Min.

Marrakesch empfängt die Klimadiplomaten mit Regen. Was so manchen Besucher enttäuscht, freut die durstige Erde des trockenen Landes. »Wenn es am Vorabend eines wichtigen Ereignisses regnet, ist das für Marokkaner ein gutes Omen«, erklärte der frisch gekürte Präsident der am Montag gestarteten UN-Klimakonferenz COP22, Marokkos Außenminister Salaheddine Mezouar. Im Konferenzzentrum Bab Ighli nahe der Innenstadt übergab die französische Umweltministerin Ségolène Royal als Gastgeberin des letztjährigen Klimagipfels den Staffelstab an Mezouar. Dieser rief in der ersten Ansprache zu einer »Klimakonferenz des Handelns« auf. Die Staaten seien auf bestem Weg zu einem echten Paradigmenwechsel und müssten das Tempo in Marrakesch halten, wenn nicht sogar beschleunigen.

Inzwischen haben genau 100 von 197 Ländern den Pariser Weltklimavertrag ratifiziert - vor drei Tagen ist der Vertrag offiziell in Kraft getreten. »Vor einem Jahr hätte niemand damit gerechnet, dass wir heute schon so weit sind«, freut sich die neue Chefin des UN-Klimasekretariats, Patricia Espinosa. Sie appellierte aber auch an die Staatengemeinschaft, jetzt nicht nachzulassen und die hohen Erwartungen nicht zu enttäuschen.

Der erste Tag der rund zweiwöchigen Klimakonferenz wurde überschattet von den bevorstehenden US-Wahlen. Der republikanische Kandidat Donald Trump hat angekündigt, im Fall eines Wahlsieges aus dem Paris-Abkommen auszusteigen. Kurzfristig bliebe dies ohne Folgen, denn das Abkommen hat eine vierjährige Kündigungsfrist. Alden Meyer von der »Vereinigung besorgter Wissenschaftler« glaubt im Unterschied zu anderen Konferenzteilnehmern auch nicht, dass ein Trump-Sieg langfristige Folgen für die internationale Klimapolitik hätte: »Der US-Präsident ist ein mächtiger Mann, aber er kann weder die Gesetze der Physik ändern noch den globalen Trend zur Dekarbonisierung stoppen.« Darunter versteht man die Reduktion der CO2-Emissionen auf letztlich Null. Laut Meyer täten dies Staaten wie China, Indien oder Deutschland nicht, um der US-Regierung einen Gefallen zu tun, sondern aus eigenem Interesse. Zudem ginge der Klimaschutz auf Ebene der US-Bundesstaaten weiter, sagt Liz Galagher von der britischen Umweltorganisation E3G, und zeitige »unglaubliche Fortschritte«.

Die Nichtregierungsorganisationen wollen die Regierungsdiplomaten mit ihren Forderungen vor sich hertreiben. »Das zentrale Thema sind immer noch die Finanzen für die Anpassung an die vom Klimawandel betroffenen Menschen«, erklärte Harjeet Singh von ActionAid am Rande der Konferenz. Er spielt damit auf den schwelenden Streit zwischen Industrie- und Entwicklungsländern an, der in Marokko eskalieren könnte: Von den Klimahilfen, die reiche Staaten ab 2020 zugesichert haben, wollen diese nur einen Bruchteil für Anpassungsprojekte wie hitzeresistentes Saatgut, Aufbau von Bewässerungssystemen oder Aufforstung zur Vorbeugung von Erosion ausgeben. Gerade für besonders vom Klimawandel betroffene Länder wie in der afrikanischen Sahelzone seien solche Projekte aber überlebenswichtig, so Singh.

Für die Gastgeber ist der Fokus auf Afrika ebenfalls ein wichtiges Anliegen. »Wir werden einen afrikanischen Klimagipfel ausrichten«, kündigte der König von Marokko, Mohammed VI, an. Sein Land wird von vielen afrikanischen Staaten als Vorreiter in Sachen Energiewende gesehen.

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