Trügerische Hoffnung auf Ölsegen

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Accra. 2012 war es das Wahlkampfthema Nummer eins: Wer macht was mit dem zu erwartenden Ölsegen? Die Förderung war 2011 gerade angelaufen und das Mitte 2007 vor der Küste Ghanas entdeckte Jubilee-Ölfeld gab in der Tat Anlass zum Jubilieren: Drei Milliarden Barrel (je 159 Liter) birgt das größte Ölfeld Westafrikas. Die Bandbreite der Schätzungen reichte von 200 Millionen bis fünf Milliarden US-Dollar jährlich, die durch die Ölförderung direkt und indirekt in die Volkswirtschaft gepumpt werden könnten.

Ghana wollte und will dem sogenannten Ressourcenparadoxon entgehen, das schlicht beschreibt, dass ausgerechnet die Länder mit großen Vorkommen an Rohstoffen in der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung häufig besonders schlecht abschneiden. In Zusammenarbeit mit dem Vorbild Norwegen und dessen Erdöl-Zukunftsfonds wurde deswegen ein Gesetz erlassen, dass die entwicklungsorientierte Verwendung der Einnahmen aus der Erdölförderung festschreibt: das im April 2011 verabschiedete »Petroleum Revenue Management Bill«. Das Gesetz sieht vor, dass 70 Prozent der Öleinnahmen in den allgemeinen Haushalt fließen. Der Rest wird für einen Stabilisierungsfonds zur Abfederung von Preisschwankungen sowie zum Aufbau eines »Heritage Fund« (nach Beispiel Norwegens) zur Absicherung künftiger Generationen eingesetzt.

Das Gesetz ist auch ein Vorbild in Sachen Transparenz: Jeder kann unter piacghana.org einsehen, welche Einnahmen aus dem Öl fließen. Mitte November wurde dort vermeldet, dass seit Beginn der Förderung 2011 insgesamt 3,3 Milliarden Dollar erlöst wurden. Das ist zwar kein Pappenstiel, liegt aber unter den Zuflüssen aus der Entwicklungshilfe, die sich auf rund 1,1 Milliarden Dollar pro Jahr belaufen - Ghana gilt den Gebern schließlich als Vorzeigedemokratie Afrikas. Und der Stabilisierungs- und Zukunftsfonds fiel wegen niedrigen Ölpreises und zu stopfender Haushaltslöcher auf sein Allzeittief von 74 Millionen Dollar.

So ist 2016 Öl nur noch ein Thema unter »ferner liefen«. Das mit Abstand wichtigste Thema ist die derzeitige Situation der Wirtschaft und die Problematik der Arbeitslosigkeit. Das Wirtschaftswachstum ist in den vergangenen Jahren stark eingebrochen - von 14,9 Prozent 2011 über rund acht Prozent auf nur noch etwa 3,5 Prozent 2016. Die Weltbank hat in ihrem jüngsten Bericht zu Ghana festgestellt, dass 48 Prozent der 15 bis 24-Jährigen ohne Arbeit sind.

Wer in Ghana keine Arbeit hat, hat alle Hände voll zu tun, um sein Überleben irgendwie informell zu regeln. ML

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