Aufnahmekapazitäten noch lange nicht erschöpft

Christian Klemm über neue Flüchtlingszahlen der Statistikbehörde Eurostat

Deutschland nimmt den größten Teil der nach Europa flüchtenden Menschen auf. Das wurde bereits im vorvergangenen Jahres klar, als etwa eine Million Schutzsuchende an den teutonischen Grenzen auftauchten. Und auch 2016 wird uns niemand so schnell von der Pole Position vertreiben. Das zumindest legen neue Zahlen der EU-Statistikbehörde Eurostat für die ersten drei Quartale nahe. Demnach gab es in der gesamten EU rund 756.000 erstinstanzliche Entscheidungen über Asylanträge, rund 420.000 davon in der Bundesrepublik. Bis Ende September wurden in der EU insgesamt 988.000 Asylanträge gestellt, mehr als 60 Prozent entfielen davon laut Eurostat auf Deutschland.

Doch was ist schlimm daran, dass Deutschland in Sachen Asyl Europameister ist - und vermutlich auch in den kommenden Jahren bleiben wird? Nichts! Denn erstens hat Berlin die finanziellen Ressourcen, um Menschen aus den Kriegsgebieten dieser Welt Unterschlupf zu gewähren. Zweitens bereichern Zuwanderer ein Land vor allem kulturell. Drittens wird sich ihr Kommen langfristig für die deutsche Volkswirtschaft auszahlen. Und viertens gibt es eine moralische Verpflichtung Deutschlands zur Aufnahme von Menschen mit einem Schutzbegehren. Man erinnert sich zwar ungern daran, aber auch Deutsche waren einst politisch Verfolgte, die Hals über Kopf ihre Heimat verlassen mussten.

Doch für Pegida, AfD und die anderen Irrläufer zählt das alles nicht. Für sie sind schon viel zu viele Menschen nach Deutschland geflohen, die Aufnahmekapazitäten seit langem erschöpft. Dabei nehmen andere Länder ähnlich viele, wenn nicht sogar mehr Asylsuchende auf als wir. So ist das Flüchtlingslager Dadaab im Nordosten Kenias mit über 400.000 Bewohnern das größte Lager der Welt. Bewohnt wird es vor allem von Menschen aus dem benachbarten Somalia, wo seit mehr als 25 Jahren Bürgerkrieg herrscht. Noch drastischer ist die Situation in Jordanien, einem der wasserärmsten Länder der Erde. Dorthin haben sich etwa eine Million Syrer bewegt. Ähnlich viele von ihnen leben in Libanon - ein Land mit 4,4 Millionen Einwohnern, das selbst lange Kriegsschauplatz war. Die meisten Vertriebenen aus dem Nahen und Mittleren Osten sind jedoch in der Türkei untergekommen: rund 2,7 Millionen Menschen.

Nur ein Narr behauptet also, die reiche Bundesrepublik könne keine Flüchtlinge mehr aufnehmen. Oder ein Rassist, der eine »Umvolkung« Deutschlands ausmacht und von eingeschleppter Kriminalität schwadroniert. Auch diese These ist statistisch nicht nachweisbar, funktioniert aber an den Stammtischen gut. Prost!

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