Machtkampf statt Feierlaune

Miese Stimmung rund um den 105. Geburtstag des ANC in Südafrika

  • Christian Selz, Kapstadt
  • Lesedauer: 3 Min.

»Unity in Action« - Einheit im Handeln - war das Motto der Feierlichkeiten zum 105-jährigen Bestehen des African National Congress (ANC) in Soweto. Doch zu sehen ist davon in der südafrikanischen Regierungspartei derzeit herzlich wenig. Im Dezember steht der nächste Wahlparteitag an, auf dem Afrikas älteste Befreiungsbewegung einen neuen Parteichef bestimmen wird. Der derzeitige Staats- und Parteipräsident Jacob Zuma soll dann nicht mehr antreten, weil er bei den nächsten landesweiten Wahlen 2019 nach zwei Amtszeiten nicht erneut kandidieren darf. Der ANC-Präsident, so will es die Partei, soll aber stets auch deren Kandidat für das höchste Amt im Staat sein. Im parteiinternen Machtkampf um Zumas Nachfolge geht es also auch um den Einzug in den Präsidentenpalast. Und die Kandidaten bauen bereits ihre Lager auf. Am Samstag preschte die ANC-Frauenliga als erste Teilorganisation mit einer Kandidatenforderung nach vorn - und verdarb damit die Geburtstagsfeier.

In einer Mitteilung rief die Frauenliga den ANC auf, »erstmals eine Frau als Präsidentin zu wählen«. Die passende Personalie lieferte sie gleich mit: Die Liga werde sich als Nachfolgerin von Zuma für dessen Exfrau Nkosazana Dlamini-Zuma einsetzen, hieß es in dem Statement. Das kam zur Unzeit: Der scheidende ANC-Präsident trat noch am Sonntag in seiner Rede auf dem Parteijubiläum für eine größtmögliche Einheit ein. Auch ANC-Generalsekretär Gwede Mantashe und Parteisprecher Zizi Kodwa warfen der Frauenliga vor, mit ihrem vorzeitigen Bekenntnis gegen ungeschriebene Parteigesetze verstoßen zu haben. Zuma hatte gefordert, die Ortsgruppen der Partei sollten zunächst diskutieren, welche Eigenschaften ein Kandidat haben müsse, bevor es um Namen ginge. In ihrer Wahl sollten sie ihre Integrität wahren und sich nicht von persönlichen Motiven lenken lassen. Für einen möglichen Nachfolger setzte der Staats- und Parteichef sich bisher nicht öffentlich ein - vermutlich auch, weil das den Kandidaten eher schwächen würde.

Denn Jaocb Zuma selbst hat den ANC gespalten - in ein ihm loyales Lager und in die Schar seiner Gegner. Nur so konnte er sich trotz aller Korruptionsvorwürfe gegen ihn, trotz aller Affären und Skandale, trotz Rücktrittsforderungen von Ministern und Parteiveteranen und trotz eines Urteils des Verfassungsgerichts, das ihm den Bruch der Verfassung vorwarf, an der Macht halten. Zum Ende seiner Amtszeit an der Parteispitze predigte er nun in Soweto von dem Scherbenhaufen herab, die »Macht der ANC-Ortsgruppen« dürfe »nicht durch Kandidatenlisten und Lobbygruppen untergraben werden«. Er dürfte wissen, wovon er spricht.

In Südafrika gilt es trotz der präsidentiellen Zurückhaltung in der Nachfolgedebatte derweil als offenes Geheimnis, dass das Zuma-Lager sich für dessen einstige Gattin als Nachfolgerin einsetzt. Die scheidende Kommissionsvorsitzende der Afrikanischen Union stützt sich neben der Frauenliga auch auf die Jugendliga und wird zudem von den Premiers aus drei der für die ANC-Wahl wichtigsten Provinzen Südafrikas unterstützt.

Ihr schärfster Kontrahent wird dann der bisherige Stellvertreter Zumas, Cyril Ramaphosa, sein. Der einstige Gewerkschaftsführer war nach dem Ende der Apartheid zum schwerreichen Geschäftsmann mit unzähligen Unternehmensbeteiligungen aufgestiegen. In seiner Funktion beim Bergbaukonzern Lonmin hatte er 2012 ein entschiedenes Durchgreifen gegen streikende Arbeiter gefordert. Einen Tag später feuerten Polizeikräfte am Rande der Siedlung Marikana aus halbautomatischen Gewehren auf die Kumpel, 34 Menschen starben. Ramaphosa darf sich inzwischen der Unterstützung des Gewerkschaftsbunds Cosatu - der damals gegen den Streik war - und der South African Communist Party sicher sein.

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