Chaos in Oslo

Verbot von Dieselautos führt zu Unmut auf der Straße

  • Bengt Arvidsson
  • Lesedauer: 2 Min.

Was sich viele Städte im deutschsprachigen Raum nicht trauen, hat Norwegens rot-rot-grüne Hauptstadtregierung am Dienstag erstmals erprobt. Wegen des Wintersmogs durften seit sechs Uhr morgens keine privaten Dieselautos mehr in die Stadt Oslo. Das Verbot soll gelten, bis die Luft besser wird.

Dieselautos machen derzeit rund 45 Prozent der Personenkraftwagen im zwei Millionen Menschen zählenden Großraum Oslo aus. Dementsprechend groß war das Chaos, Busse und Bahnen waren überfüllt. Viele kamen zu spät zur Arbeit und waren sauer darüber, dass sie entgegen Versprechungen für den Nahverkehrstransport zahlen mussten. Messstationen hatten am frühen Morgen wegen Schneefällen zudem von deutlich besseren Luftwerten gesprochen, als erwartet.

Wilhelm Simonsen war einer der zahlreichen Pendler, die das Verbot deshalb ignorierten. Erfolglos. Polizei, Wegeamt und die städtische Umweltagentur hatten sich an nahezu allen großen Einfahrtswegen positioniert und fischten Umweltsünder heraus. »Haben sie einen speziellen Grund, heute ihr Dieselfahrzeug zu nutzen?«, wurde Simonsen gefragt. »Nein, keinen anderen, als dass ich nur dieses Auto habe«, sagte er. Wie viele andere mussten er sein Auto nur stehenlassen und den restlichen Weg zur Arbeit mit den Nahverkehrsmitteln zurücklegen. Die Polizei hielt sich am ersten Tag mit Bußgeldern zurück.

Die Stadtregierung rechtfertigte die Maßnahme mit den hohen Stickoxidwerten im Winter. Viele Bürger leiden an Asthma, jährlich sollen laut Stadtregierung 183 Osloer an den Auswirkungen von Luftverschmutzungen sterben. Auch deshalb hat die Regierung neben dem akuten Dieselverbot auch ein radikales langfristiges Ziel. Bis 2024 will sie alle Autos mit Verbrennungsmotoren aus der Innenstadt verbannen. Schrittweise soll die Stadtmaut für diese Fahrzeuge von 33 Kronen drastisch angehoben werden. Im Gegenzug soll der lückenhafte kommunale Nahverkehr deutlich ausgebaut werden.

In keinem anderen Land gibt es zudem so viele Elektroautos gemessen an der Einwohnerzahl, auch wegen finanzieller Erleichterungen und Vorteilen im Straßenverkehr. Allerdings ist der Erfolg umstritten. »Die erlassenen Abgaben von jährlich rund 6200 Euro pro E-Auto könnte andernorts wirksamer zur CO2-Reduzierung genutzt werden«, kritisiert Anders Skonhoft, Volkswirtschaftsprofessor von der Universität Trondheim. Vor allem wohlhabende Bürger nutzen das E-Auto als Zweitwagen - und damit die als im Innenstadtverkehr Vorrang genießenden Zweitwagen.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal