Wawzyniak tritt nicht mehr an: Frust über Demokratiekrise
LINKE-Bundestagsabgeordnete verabschiedet sich mit radikaler Kritik am parlamentarischen Politikbetrieb
Berlin. Die LINKE-Bundestagsabgeordnete Halina Wawzyniak hat angekündigt, zu den kommenden Bundestagswahlen nicht noch einmal zu kandidieren. In einem Blogbeitrag nennt die netzpolitische Sprecherin als Grund für diese Entscheidung den Frust über den Politikbetrieb im Bundestag – sowohl innerhalb der LINKEN, als auch in der Zusammenarbeit mit anderen Parteien. Zuvor war lediglich angekündigt worden, sie ziehe sich aus »gesundheitlichen Gründen« zurück. Als Direktkandidat für ihren Wahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg in Berlin wurde bereits der Bezirksvorsitzende Pascal Meiser vorgeschlagen.
In ihrem Papier kritisiert Wawzyniak den Bundestag als »erstarrten Parlamentarismus«. Sie verweist auf einige Anträge zur Demokratisierung der Politik, die ihre Partei im vergangenen Jahr in den Bundestag eingebracht hat, darunter einen Gesetzentwurf für mehr direkte Demokratie, zum Ausländerwahlrecht und einen Antrag für die Schaffung eines verbindlichen Lobbyistenregisters. »All diese Vorschläge sind im Bundestag abgelehnt worden«, so die Politikerin – mit der Begründung: »Sie kamen halt von der Opposition.« Eine lebendige Demokratie verlange den Bruch mit solch festgezurrten Verhaltensweisen: »Fraktionszwang, Vorführpolitik, Schaufensterreden, hohle Polemik, kaum ein Weg, eine Initiative, die vernünftig ist, über Fraktionsgrenzen hinweg auf den Weg zu bringen. Stattdessen reflexhaftes Abstimmungsverhalten.« Das sei » frustrierend und demotivierend«.
Auch an der eigenen Fraktion übt Wawzyniak Kritik. Sie spricht in ihrem Blogbeitrag ein Papier mit dem Titel »Resterampe« an, das 2014 in der Partei kursierte und dessen Verfasser dem Umfeld der Parteivorsitzenden Katja Kipping zugeschrieben worden war – was das Vorstandsbüro jedoch bestritten hatte. Wawzyniak war darin als personelles »No-Go« aufgeführt worden – »ein Tiefpunkt für mich persönlich«, schreibt die Politikerin heute. All dies habe Auswirkungen auf ihre politische Arbeit wie auf ihre Gesundheit.
Wawzyniak wirbt für eine kritische Hinterfragung des »ritualisierten Parlamentarismus« und für einen solidarischen Umgang untereinander. Sie kündigte eine detaillierte Bilanz ihrer politischen Arbeit an. ek
Andere Zeitungen gehören Millionären. Wir gehören Menschen wie Ihnen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.
Dank der Unterstützung unserer Community können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen ins Licht rücken, die sonst im Schatten bleiben
→ Stimmen Raum geben, die oft zum Schweigen gebracht werden
→ Desinformation mit Fakten begegnen
→ linke Perspektiven stärken und vertiefen
Mit »Freiwillig zahlen« tragen Sie solidarisch zur Finanzierung unserer Zeitung bei. Damit nd.bleibt.