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Die verlängerte USA-Werkbank

Im Norden Mexikos siedeln die meisten Maquiladoras

  • Martin Ling
  • Lesedauer: 2 Min.

Sie sind der sichtbarste Ausdruck des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens (NAFTA): die sogenannten Maquiladoras (Lohnveredelungsstätten). Ihr Ausbau wurde durch NAFTA massiv gefördert. Zwar wurde die erste Maquiladora in Mexiko bereits 1965 eröffnet, die massive Expansion dieser Produktionsstätten setzte jedoch erst im Zuge der Liberalisierungspolitik seit Anfang der achtziger Jahre ein. Existierten 1980 gerade 620 Maquiladoras, 2016 waren es landesweit schon über 6000. Gut 2,7 Millionen Menschen waren in diesem Sektor beschäftigt.

Angesichts des in Mexiko reichlich vorhandenen industriellen Reserveheeres ist das In-Lohn-und-Tortilla-Bringen von Arbeitskräften ein Erfolg, der nicht mit dem simplen Hinweis auf die kritikwürdigen Arbeitsbedingungen weggewischt werden kann. Ein schlechtes formelles Beschäftigungsverhältnis ziehen viele Mexikaner einer informellen Beschäftigung vor - wenn sie denn die Wahl haben. Beschäftigung um jeden Preis scheint sowohl für die mexikanische Regierung als auch mangels Alternativen für die Bevölkerung die Maxime zu sein. Immerhin muss in den Maquilas wenigstens der gesetzliche Mindestlohn gezahlt werden.

Die Grenzen einer auf Maquilas beruhenden Entwicklung sind jedoch offenkundig. In den Maquilas werden importierte Vorprodukte veredelt, um dann wieder exportiert zu werden. Das bedeutet schlicht, dass von der Maquila-Industrie nur geringe Impulse auf den Rest der Wirtschaft ausgehen und nur wenig Verflechtung zwischen den Industriesektoren stattfindet. Der Anreiz für Investoren, solche Veredelungsbetriebe aufzuziehen, liegt in erster Linie in den geringen Lohnkosten. Demzufolge siedeln sich arbeitsintensive Industrien mit meist veralteter und in hohem Maße umweltschädigender Technologie an. Ältere, arbeitsintensive Technologien haben eine geringere Wertschöpfung je Arbeitskraft und senken tendenziell den Anteil höher qualifizierter Arbeitskräfte. Die Folge: Mexiko wird in seinem Status als verlängerte Werkbank und industrielle Müllkippe der USA zunehmend festgeschrieben.

Maquiladora-Betriebe finden sich hauptsächlich in den nördlichen Bundesstaaten Mexikos. Diese Betriebe erledigen ausgegliederte Produktionsschritte, indem sie Teile weiterverarbeiten. Die meisten haben ihren Hauptsitz in den USA, gefolgt von Kanada. Die deutschen Direktinvestitionen stammen unter anderem von Siemens und Bosch, die niederländischen vor allem von Philips, das größte französische Unternehmen ist Thomson. Die wichtigsten Branchen sind, gemessen an der Beschäftigtenzahl, die Elektro- und Elektronikindustrie, die Kraftfahrzeugindustrie sowie die Textil- und Bekleidungsindustrie. Der wichtigste Bereich der Elektro-/Elektronikindustrie ist die Produktion von Fernsehapparaten: Jedes dritte Fernsehgerät in Nordamerika kommt inzwischen aus Ciudad Juárez. Bereiche der Elektro- und Elektronikindustrie beliefern auch die Kraftfahrzeugindustrie.

Neben den geringen Arbeitskosten ist der bevorzugte Marktzugang in die USA für viele Investoren der Hauptanreiz, in Mexiko zu investieren. Ebendieser bevorzugte Marktzugang ließ Mexiko auch zu einem Giganten der Automobilbranche heranwachsen.

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