EU-Parlament hat CETA ratifiziert

Linke Abgeordnete protestieren: »People before Profits« / Proteste vor dem Gebäude / Bayerisches Gericht stoppt Volksbegehren

  • Anne Schindler und Elsa Koester
  • Lesedauer: 4 Min.
EU-Parlament hat CETA ratifiziert

Straßburg. Am Mittwochmittag hat das EU-Parlament das Freihandelsabkommen mit Kanada ratifiziert. 408 Abgeordnete stimmten für CETA, 254 dagegen, es gab 33 Enthaltungen.

Vor den Türen sammeln sich seit dem frühen Morgen mehrere Hundert CETA-Gegner. In Menschenketten liegen sie vor dem Eingang, um die Abgeordneten daran zu hindern, abzustimmen. Immer wieder fordern die Protestierenden die Parlamentarier auf, mit Nein zu stimmen. Das Bündnis »Stop TTIP und Ceta« mit über 500 Organisationen hatte zu den Protesten aufgerufen. Die Umweltorganisation Greenpeace zog auf dem angrenzenden Kanal eine Justitiafigur hoch und spannte Plakate auf mit dem Spruch »Versenkt Ceta, nicht die Gerechtigkeit«.

Doch auch im Parlament ist die Stimmung aufgeheizt. Die Abgeordneten der Linksfraktion GUE/NGL tragen T-Shirts mit der Aufschrift »People before Profits. Stop CETA«. Eine Linken-Abgeordnete trug während der Debatte einen Papierstapel im Arm - als Symbol für 3,5 Millionen Unterschriften gegen das Abkommen. Die niederländische Parlamentarierin Anne Marie Mineur erklärt, dass man »gerade mit Freunden« nicht so ein schlechtes Abkommen schließen könne.

Doch auch die rechtsradikale Abgeordnete Marine Le Pen (Front National) protestierte scharf gegen CETA. Für die Aushändler seien »Profite wichtiger als Bürger«. Le Pen drohte, dass die Präsidentschaftswahl in Frankreich im April das Abkommen rückgängig machen würde.

Darauf, dass die nationalen Parlamente bei ihrer Abstimmung über einige Bereiche des Abkommens CETA noch zu Fall bringen, setzen auch Nichtregierungsorganisationen. »Wer jetzt noch für CETA stimmt, fügt der europäischen Demokratie doppelten Schaden zu: Das Abkommen schwächt die demokratischen Institutionen gegenüber den Konzernen und der Prozess, in dem es durchgedrückt wird, untergräbt das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger«, sagte Karl Bär, Sprecher des Stop-TTIP-Bündnisses und Handelsexperte vom Umweltinstitut München am Dienstag. Roland Süß vom Netzwerk Attac warnte, »CETA gefährdet die heimische Landwirtschaft, öffentliche Dienstleistungen sowie Arbeitnehmerrechte, es bedroht Umwelt und Sozialstandards.« Zudem sei weiterhin die Einrichtung von demokratisch nicht kontrollierten Institutionen wie dem gemeinsamen CETA-Ausschuss geplant.

Das Abkommen war nach sieben Verhandlungsjahren im Oktober von der EU und Kanada unterzeichnet worden. Im EU-Parlament wird erwartet, dass CETA von der konservativen und liberalen Mehrheit gebilligt wird. Bei den Sozialdemokraten ist die Haltung uneinheitlich, Vertreter der Grünen und LINKEN, aber auch die rechten Fraktionen werden wohl dagegen stimmen.

Stimmt das Parlament zu, kann der Vertrag vorläufig in Kraft treten. Damit er vollständig rechtskräftig wird, müssen aber noch die Parlamente aller EU-Mitgliedstaaten zustimmen.

Noch am Montagabend hatten CETA-Kritiker in Straßburg symbolisch eine Petition gegen das Vorhaben überreicht. Sie übergaben der österreichischen Grünenpolitikerin Ulrike Lunacek, eine der 14 Vizepräsidenten des Europaparlaments, ein Plakat mit der Aufschrift »3,5 Millionen Bürger gegen CETA und TTIP«. So viele Unterschriften hat das Bündnis »Stop TTIP und CETA« nach eigenen Angaben gesammelt.

Bayerisches Verfassungsgericht stoppt Volksbegehren gegen CETA

Unterdessen hat am Mittwoch das bayerische Verfassungsgericht in München ein Volksbegehren gegen das Freihandelsabkommen gestoppt. Trotz mehrerer Zehntausend Unterschriften gegen das umstrittene Handelsabkommen Ceta muss die bayerische Staatsregierung kein Volksbegehren zulassen. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine solche Bürgerbefragung wegen des Abkommens zwischen Kanada und der Europäischen Union seien nicht gegeben, entschied am Mittwoch der Verfassungsgerichtshof in München.

Die Initiatoren des Volksbegehrens wollten das Abkommen verhindern. Dazu hatten sie zuvor über 30.000 gültige Unterschriften - und damit mehr als die notwendigen 25.000 - eingereicht, gesammelt hatten sie sogar 85.000. Durch ein Volksbegehren könnte eine entsprechende Gesetzesvorlage in den Landtag eingebracht und - falls dieser sie nicht annimmt - über einen Volksentscheid herbeigeführt werden.

Das Innenministerium hatte die Zulassung des Volksbegehrens jedoch zunächst abgelehnt. Dabei argumentierte das Ministerium, mit der Ratifizierung von Ceta durch die Bundesrepublik Deutschland würden keine Gesetzgebungsrechte der Bundesländer auf die EU übertragen.

»Wir sind natürlich enttäuscht«, sagte Susanne Socher, Sprecherin des Landesverbandes Bayern des Vereins »Mehr Demokratie« und Vertrauensperson des Volksbegehrens. Durch ein Volksbegehren hätte es eine Chance gegeben, die massive Kritik in der Bevölkerung gegen Ceta zu befrieden. Das Gericht habe nun diese Möglichkeit genommen. Auch wenn in Bayern damit der Protest einen Dämpfer erhalten habe, bleibe aber noch Hoffnung, betonte Socher.

In anderen Bundesländern, darunter Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein, laufen eigene Volksinitiativen gegen Ceta. Zudem seien Grüne und Linke in 12 von 16 Bundesländern an der Regierung beteiligt und hätten teilweise eine Ablehnung des Abkommens in ihren Koalitionsverträgen festgeschrieben. »Wir glauben, dass es noch mehrere Stolpersteine für Ceta gibt. Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen«, sagte Socher. mit Agenturen

Proteste gegen cETA vor dem EU-Parlament in Straßburg
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EU-Parlament hat CETA ratifiziert
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