Soziale Offensive - Geld ist da

Der Südschleswigsche Wählerverband bekennt sich zu mehr Sozialausgaben

  • Dieter Hanisch, Rendsburg
  • Lesedauer: 3 Min.

Elf Wochen vor der Landtagswahl hat der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) in Rendsburg sein Wahlprogramm verabschiedet. Die Partei der dänischen und friesischen Minderheit strebt erneut eine Regierungsbeteiligung in Schleswig-Holstein an, sie will fünf Prozent der Stimmen erzielen und ein viertes Mandat erringen.

Weiterregieren ja, aber nicht um jeden Preis: Der SSW hat in fünf Jahren Küstenkoalition mit SPD und Grünen und der ersten Regierungsbeteiligung in seiner Geschichte sein ohnehin gesundes Selbstbewusstsein noch einmal gestärkt. Mit kämpferischen Tönen hat die 3600 Mitglieder zählende Partei sich auf den Wahlkampf eingestimmt.

Die Ärmel müssen allerdings aufgekrempelt werden, liegt man derzeit in den Umfragen doch gerade bei drei Prozent nach 4,6 Prozent beim Urnengang vor fünf Jahren.

Der 52-jährige Spitzenkandidat Lars Harms, Wortführer der jetzt dreiköpfigen Landtagsgruppe, möchte zum ersten Mal seit 1950 (5,5 Prozent) wieder die Fünf-Prozent-Hürde reißen, obwohl der SSW als Minderheitenpartei von der Sperrklausel befreit ist.

Wenn überhaupt kommt für den SSW nur eine Koalition mit SPD und den Grünen in Frage. Für andere Regierungsoptionen stehe man laut Harms nicht zur Verfügung. Wenn die Wunschpartner nicht wieder an die Macht kämen, würde man lieber die Oppositionsbank wählen. Sollte es nach der Wahl am 7. Mai für die jetzige Regierungskonstellation wieder reichen, wird der Nordfriese Harms als künftiger Minister gehandelt.

Derzeit füllt noch Anke Spoorendonk für die Partei das Ressort Justiz, Kultur und Europa im Kabinett von Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) aus, sie wird sich jedoch aus der Landespolitik zurückziehen.

In Rendsburg herrschte bei der Verabschiedung des Wahlmanifestes weitgehend Harmonie unter den rund 80 Delegierten. Selbst der von der Parteijugend propagierte aufrüttelnde Programmpunkt der Freigabe von Cannabis für den Eigenkonsum wurde durchgewinkt - bei acht Gegenstimmen und wenigen Enthaltungen.

Überhaupt will man das Thema Soziales neben dem Bereich Bildung mehr in den eigenen Fokus stellen. Dafür soll Geld in die Hand genommen werden: 50 Millionen Euro pro Jahr. Die Haushaltslage lasse das zu, nimmt Harms Skeptikern den Wind aus den Segeln.

Dabei wird das Wort Schuldenbremse, für die auch der SSW in der vorangegangenen Legislaturperiode gestimmt hatte, als mögliches Wahlkampfhemmnis nicht in den Mund genommen. Die sich abzeichnenden Risiken für den Landeshaushalt durch die Schieflage der HSH Nordbank werden ebenso nicht thematisiert. Harms geht im Übrigen davon aus, dass sich ein Käufer für die notleidende Bank findet, die Landesbank deshalb auch nicht mit schmerzhaften Folgen für die Landeskasse abgewickelt werden muss.

Eine kommunale Gebietsreform bis 2022 liegt dem SSW als zentrales wie mutiges Thema besonders am Herzen. Es geht um die Abschaffung der Amtsebene im Land und die Aufstellung von neuen Großgemeinden. Die Zahl der Kommunen könnte nach dem Willen des SSW dann von 1100 auf 170 mit einer Mindestgröße von 8000 Einwohnern gesenkt werden - ein unbeliebtes Politikfeld.

Der SSW, der nördlich des Nord-Ostsee-Kanals sein Stammwählerreservoir besitzt, hat bei den vergangenen beiden Wahlen bewiesen, dass er durchaus zwischen 60 000 und 70 000 Stimmen für sich mobilisieren kann. In 14 Wahlreisen tritt er direkt an, ansonsten ist er landesweit per Zweitstimme wählbar. Bereits in der vergangenen Woche gab der SSW bekannt, dass er auf die Teilnahme an der Bundestagswahl verzichtet.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal