Polizei kündigt nach sexuellem Übergriff in Köln Aufklärung an

Rassismusvorwurf der Betroffenen gegen Bonner Beamtin bei Beschwerdestelle eingegangen / Weiterer Fall aus Leverkusen bekannt geworden

  • Elsa Koester
  • Lesedauer: 3 Min.

Stimmen die Vorwürfe, hat der polizeiliche Umgang mit sexualisierten Übergriffen in Köln nach der Silvesternacht eine rassistische Schlagseite bekommen. Eine junge Frau gibt an, an Weiberfastnacht zusammen mit drei Freundinnen verprügelt und dabei sexistisch beschimpft worden zu sein. Die Polizei in Bonn, Wohnstadt der Betroffenen, habe bei der Aufnahme der Anzeige nach der Nationalität der Täter gefragt, dabei sei mehrmals das Beispiel »Nordafrikaner« gefallen. Gegenüber »nd« äußerte die Betroffenen den Vorwurf, die Polizistin habe es mit der Weiterverarbeitung der Anzeige nicht so eilig gehabt, nachdem klar wurde, dass die Männer weiß gewesen seien. Die Bonner Polizei kündigte nun Aufklärung an.

Auf »nd«-Anfrage ließ die Polizei am Montag zunächst verlauten, es sei nicht möglich, den Vorfall zeitnah zu klären, da im Rheinland schließlich Karneval gefeiert werde. Der für den kommenden Tag angekündigte Rückruf erfolgte nicht, telefonisch war die Polizeistelle bis Mittwochnachmittag nicht mehr erreichbar – während einige männliche Nutzer im Netz bereits die Frage verbreiteten, ob sich der Vorfall überhaupt so ereignet habe. Schließlich sei die einzige Quelle »nichts weiter als der Bericht einer Frau«. Aufgrund von sexistischen Hasskommentaren musste die Redaktion den Link zu dem Facebook-Bericht der Betroffenen entfernen. Auch die »nd«-Autorin des Berichtes wurde mit dem Vorwurf angegangen, ihr sei wohl selbst »zuviel an die Pussy gegrabbed worden«.

Am Mittwochnachmittag schließlich erreichte die »nd«-Redaktion eine Antwortmail des Bonner Polizeisprechers Robert Scholten: Die Videoaufnahmen aus der Kölner U-Bahn-Station, in der der Vorfall sich ereignete, seien zeitnah von der Bonner Polizei angefordert worden. Die zuerst über die sozialen Medien erfolgte »Darstellung zu den Umständen der Anzeigenaufnahme« – sei »Gegenstand einer Eingabe an das hiesige Beschwerdemanagement«. Die Abklärung stehe noch aus.

Die Polizei äußerte sich auch zum Zeitpunkt der Weiterleitung der Anzeige an die Kölner Kollegen. Die Anzeige sei am Tag nach der Tat aufgenommen worden, also am Freitag, den 24. Februar. Am 28. Februar – Dienstag – sei sie nach Köln übersandt worden.

Die Bedenken der Betroffenen, das Videomaterial könnte erst nach der Löschfrist von 48 Stunden eingefordert worden sein, haben sich damit nicht bestätigt. Der Eindruck, dass die Polizei es während der Karnevalstage mit der Weitergabe von Anzeigen wegen sexualisierter Gewalt nicht so eilig habe, wenn es sich bei den Tätern um Weiße – und damit mutmaßlich nicht um Nordafrikaner – handelte, konnte nicht widerlegt werden.

Unterdessen wurde aus Leverkusen ein weiterer Fall eines mutmaßlichen sexuellen Übergiffs während des Karnevals bekannt: Wie die Rheinische Post berichtet, soll eine Frau in der Nacht zu Sonntag von drei Männern vergewaltigt worden sein. Passanten hatten die als Hippie verkleidete Berlinerin weinend am Straßenrand entdeckt. Die 31-Jährige erklärte gegenüber der Polizei, einer der Männer habe sie vergewaltigt, während die zwei weiteren ihm dabei geholfen hätten. »Nach Angaben des Opfers hatten die Täter dunkle Haare und einen dunklen Teint und sprachen akzentfreies Deutsch«, wird Polizeisprecher Lutz Flaßnöcker zitiert. Dass die Tat jetzt erst bekannt wurde, begründete die Polizei damit, dass nach einer solchen Erlebnis erst die Vernehmung des Opfers abgewartet würde, die für die Betroffene nicht leicht sei. So könne das Opfer erst etwas zur Ruhe kommen.

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