Djibouti, made in China

Volksrepublik baut neuen Hafen, neue Bahnstrecke und neue Freihandelszone in Ostafrika

  • Oliver Eberhardt, Djibouti-Stadt
  • Lesedauer: 3 Min.

Chaotisch, veraltet sei der Hafen von Djibouti, sagen jene, die täglich mit ihm zu tun haben: »Wenn ein Schiff anlegt«, schimpft Birtukan Gidada, Geschäftsmann aus der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba, »dann dauert es Tage, bis die Ladung gelöscht wird. Dann liegen die Waren mehrere Wochen einfach nur herum.« Dieses Ereignis, sagt er, habe er deshalb kaum erwarten können.

Worauf Gidada anspielt, ist die feierliche Eröffnung eines neuen, modernen Hafens am vergangenen Wochenende. Er hat eine maximale Umschlagsmenge von 8,8 Millionen Tonnen im Jahr und liegt neben dem Hafen von Doraleh fünf Kilometer außerhalb von Djibouti-Stadt. Gebaut wurde er von chinesischen Staatsunternehmen für umgerechnet 530 Millionen Euro. Direkt daneben soll in den kommenden Jahren für ungefähr noch einmal so viel Geld eine 48 Quadratkilometer große Freihandelszone entstehen. Außerdem baut China im Land zwei neue Flughäfen für 600 Millionen Euro, nachdem schon vor einigen Monaten die neue Bahnlinie nach Addis Abeba fertig geworden ist.

Und das alles ist nur ein kleiner Teil dessen, was die Volksrepublik in den kommenden Jahren auf dem afrikanischen Kontinent investieren möchte: Von Djibouti über Äthiopien bis nach Liberia und Nigeria, allein im vergangenen Jahr unterzeichnete man Verträge im Gesamtwert von gut 60 Milliarden Euro.

Dabei gibt man sich stets sehr menschenfreundlich: »Wir möchten, dass Afrika den Anschluss an die Welt findet«, sagt Wang Junschan, ein chinesischer Diplomat in Djibouti. Das kleine ostafrikanische Land spiele dabei eine wichtige Rolle: Am Übergang vom Roten Meer zum Indischen Ozean gelegen, ist Djibouti der Brückenkopf für Staaten ohne Meereszugang wie Äthiopien: »Mit einem effizienten Hafen, schnellen und zuverlässigen Verkehrsverbindungen haben diese Länder bessere Entwicklungschancen.« Dabei macht er keinen Hehl daraus, dass China erwartet, für die immensen Investitionen etwas zurück zu bekommen: Rohstoffe, die in der chinesischen Wirtschaft gebraucht werden, aber auch neue Absatzmärkte.

Während Vertreter afrikanischer Regierungen die Freundschaft zu China beschwören und betonen, wie wichtig die Investitionen sind, um der Armut zu entkommen, herrscht in der Öffentlichkeit vielerorts Skepsis. Vor allem Gewerkschaften kritisieren immer wieder, dass die Projekte mit chinesischen Arbeitern umgesetzt werden, das Material nahezu komplett aus China importiert wird und der Betrieb nach Fertigstellung für mehrere Jahre mit chinesischem Personal und unter chinesischer Kontrolle laufen soll. Wobei Djibouti eine Ausnahme darstellt: Im Gegenzug dafür, dass China sehr zum Missfallen der USA eine Militärbasis bauen durfte, wurden beim Bau von Hafen und Bahnlinie vermehrt heimische Arbeiter eingesetzt. Anderswo stellte sich, nachdem Projekte nach einigen Jahren an die jeweilige Regierung übergeben wurde, häufig heraus, dass ausgebildetes einheimisches Personal fehlt und die Anlagen sehr wartungsanfällig sind.

Die Vertragskonditionen sind fast immer geheim. Nur selten sickert durch, was die jeweilige Regierung vereinbart hat: So stellte sich nach dem Bau einer Straßenbahn in Addis Abeba heraus, dass die Regierung sich zu jährlichen Zahlungen verpflichtet hat, die den Wert der Tram am Ende weit überstiegen haben werden. Solche Deals seien die Regel, sagt Hassan Summonu, Vorsitzender des Dachverbands der afrikanischen Gewerkschaften. In Sambia, wo man nahezu den ganzen Staatshaushalt an erwarteten Rohstoffexporten nach China ausgerichtet hatte, führte eine Wirtschaftskrise fast zum Kollaps.

»China stellt sich gerne als Gegenpol zum westlichen Kolonialismus dar«, sagt Summonu. »Aber aus unserer Sicht gibt es da meist keinen Unterschied: Die Politiker profitieren, und wir Afrikaner stehen am Ende vor einer funkelnden Eisenbahn und wissen nicht, was wir damit machen sollen.«

Der neue Hafen von Djibouti wird indes wohl noch einige Zeit auf florierenden Handel warten müssen. In der Region herrschen Kriege und Hungersnöte. Hilfsorganisationen hoffen hingegen darauf, über den Hafen schneller Güter in betroffene Regionen schaffen zu können.

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