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Gesprächsfetzen

Migration und Verlust aus der Sicht eines Kindes

  • Sebastian Bähr
  • Lesedauer: 2 Min.

Ein junges Mädchen, von seinen Freunden »Schmutzige Füße« genannt, spielt zur Mittagszeit gerne »Himmel und Hölle«. Dafür geht sie auf einen großen Platz, auf dem ein öffentliches Telefon steht. Migranten rufen von dort aus oft ihre Familien an, um über die neuesten Entwicklungen zu berichten. Auch wenn man es »Schmutzige Füße« nicht ansieht, so hört sie doch heimlich den vielen Menschen bei ihren Gesprächen zu. Sie versteht nicht alle Worte und rät oft einfach, was sie erzählen.

Koldo Izagirre/ Antton Olariaga: Schmutzige Füße.
Alibri Verlag. 28 S., geb., 14 €.

Schnell merkt sie, dass die Einwanderer ihren Verwandten im Ausland nicht immer die Wahrheit erzählen. Einer ist krank, aber erzählt, dass es ihm gut geht. Andere berichten von Jobs oder Freunden, die es offenbar nicht gibt.

»Schmutzige Füße« selbst möchte Ingenieurin für Telekommunikation werden. Sie will damit die Satelliten austricksen, damit die Einwanderer ihre Anrufe nicht mehr bezahlen müssen. Außerdem würde sie gerne mit ihrer leiblichen Mutter und ihren Geschwistern sprechen. Sie weiß aber nicht, ob ihre Mutter nicht vielleicht schon gestorben ist. Vermutlich ist »Schmutzige Füße« ein Adoptivkind irgendwo in Spanien.

Monika Steigerwald hat das Buch von Koldo Izagirre übersetzt, der Künstler Antton Olariaga fügte die berührenden farbigen Bilder hinzu. Izagirre gilt als einer der wichtigsten Vertreter der baskischen Literatur, seine Werke entspringen sämtlichen Genres. Auch Olariaga hatte sich bereits mit Comics und Kinderbuchillustrationen einen Namen gemacht.

Die Erzählweise von »Schmutzige Füße« rüttelt auf, auch wenn man als Leser vieles nur erahnen kann. Der Text ist konsequent aus der Perspektive eines Kindes geschrieben. Die Sehnsucht nach der unbekannten Mutter trifft hier auf die angedeutete triste Lebensrealität von Migranten.

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