Ströbele: USA bomben als Weltpolizist ohne UN-Mandat

Große Koalition kann US-Angriff in Syrien »nachvollziehen« / Kritik von LINKEN und Grünen

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 3 Min.

Nun scheinen sie doch noch zusammenzufinden. Nachdem Politiker der schwarz-roten Bundesregierung seit der Wahl von Präsident Donald Trump in den vergangenen Monaten immer wieder Sorgen über den außenpolitischen Kurs der USA und deren künftiges Verhältnis zur NATO geäußert hatten, war am Freitag aus Berlin erstmals deutliches Lob für die Politik des Republikaners zu hören. Anlass hierfür war, dass US-Streitkräfte in der Nacht eine Luftwaffenbasis der syrischen Armee zerstört und dabei nach offiziellen Angaben mindestens drei Armeeangehörige und neun Zivilisten getötet hatten. Die Verantwortlichen in Washington teilten mit, dass sie für den kürzlich erfolgten mutmaßlichen Einsatz von Chemiewaffen mit vermutlich mehr als 80 Todesopfern im syrischen Ort Chan Scheichun Vergeltung geübt hätten.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) bezeichneten den Angriff der USA als »nachvollziehbar«. »Es war kaum erträglich mit ansehen zu müssen, dass der Weltsicherheitsrat nicht in der Lage war, klar und eindeutig auf den barbarischen Einsatz chemischer Waffen gegen unschuldige Menschen in Syrien zu reagieren«, sagte Gabriel bei einem Besuch in Mali. Nichtsdestotrotz sprach der SPD-Politiker auch davon, die »Vereinten Nationen zu unterstützen, um eine politische Lösung des Bürgerkriegs zu erreichen«. Dabei dürfte ihm klar sein, dass das unter anderem von der Bundesrepublik verfolgte Ziel, den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad zu stürzen, nicht mit friedlichen Mitteln zu erreichen ist. »Nur ein demokratisches und freies Syrien wird auch ein friedliches Syrien sein. Das wird mit Assad nicht gehen«, sagte Gabriel.

Ähnlich äußerte sich Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Die CDU-Politikerin meinte, dass der Einsatz von Chemiewaffen nicht nur geächtet sein, sondern auch Konsequenzen haben müsse. Von der Leyen warf Assad vor, seit sieben Jahren »gegen seine Bevölkerung« Krieg zu führen, dem 400 000 Menschen zum Opfer gefallen seien und der zwölf Millionen Menschen in die Flucht getrieben habe.

Nach Angaben eines Sprechers des Verteidigungsministeriums war die Bundeswehr nicht an dem Luftschlag beteiligt, weil dies nicht mandatskonform sei. Sechs deutsche »Tornado«-Aufklärungsflugzeuge und ein Tankflugzeug unterstützen Luftangriffe der internationalen Allianz gegen die Terrormiliz Islamischer Staat.

Die LINKE-Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen warf den USA einen Bruch des Völkerrechts und die gezielte Provokation von Russland vor. Moskau unterstützt in dem Krieg gemeinsam mit Iran und der schiitisch-libanesischen Miliz Hisbollah die syrischen Truppen. Dagdelen warnte davor, dass »aus dem Stellvertreterkrieg in Syrien jetzt ein Weltkrieg« werden könnte. Die Begründung für den Luftschlag teilte sie nicht. »Bisher gibt es keinerlei wirkliche Aufklärung zur Urheberschaft des Giftgaseinsatzes in Chan Scheichun«, sagte die LINKE-Politikerin. Sie forderte die Bundesregierung dazu auf, »deutsches Territorium für weitere US-Angriffe nicht zur Verfügung« zu stellen.

Auch die evangelische Kirche war wegen des US-Angriffs besorgt. Ein solcher Militärschlag entspreche »in keiner Weise den Kriterien einer evangelischen Friedensethik«, sagte der evangelische Berliner Bischof Markus Dröge.

Politiker vom linken Flügel der Grünen äußerten sich entsetzt. Der Berliner Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele schrieb im Kurznachrichtendienst Twitter, dass die USA »als Weltpolizist ohne UN-Resolution bombten, also ohne rechtliche Grundlage«. Die Bundesregierung finde das o.k. und ermuntere Trump damit zum Weitermachen.

Dagegen hielt sich Simone Peter mit direkter Kritik an der Kriegspolitik der USA zurück. Die Grünen-Chefin erklärte, dass der »Schock über die Giftgasopfer« tief sitze und Aufklärung erfordere. Sie warnte vor einer »Eskalationsspirale« und forderte, eine politische Lösung anzustreben.

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