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Blumenstrauß der Proteste

In Hamburg haben Hunderte G20-Gegner im Ballsaal von FC St. Pauli die Juliproteste vorbereitet

  • Folke Havekost
  • Lesedauer: 3 Min.

Als die Cateringcrew von Vegan deluxe signalisiert, dass das Mittagessen fertig ist, applaudieren Hunderte überwiegend junge Menschen am Hamburger Millerntor-Stadion. Die Schlange auf dem Hamburger Heiligengeistfeld setzt sich geschlossen in Bewegung.

Ansonsten galt es, am Wochenende bei der »2. Internationalen G20-Aktionskonferenz« in der Hansestadt Verschiedenheit zu bündeln, um effektiv gegen den G20-Gipfel im Juli zu protestieren. Die Ungleichheit zwischen globalem Norden und Süden, Rückschritte in der Klimapolitik, autokratische Tendenzen in den westlichen Demokratien - die Gründe zur Mobilisierung gegen die Zusammenkunft der mächtigsten Staats- und Regierungschefs sind so vielfältig wie die Konferenzteilnehmer selbst.

Gut 600 G20-Gegner trafen sich im Ballsaal des Fußball-Zweitligisten FC St. Pauli, rund 800 Meter entfernt von den Messehallen, in denen der Gipfel am 7. und 8. Juli stattfinden soll. »Wir planen einen bunten Blumenstrauß aus Protest«, erklärte Emily Laquer von der Interventionistischen Linken: »Wir demonstrieren, wir blockieren, wir erobern unsere Stadt. Die Hamburger sind nicht nur ›not amused‹ über den Gipfel, die Stadt ist im Aufbruch.«

Die Gruppe »Alles Allen« bereitet ein »hedonistisches Massencornern« sowie eine Performance in der Hafencity vor. In der Logistikarbeitsgruppe wurde über Blockaden im Hafen diskutiert, um »den Kapitalismus da zu treffen, wo er am verwundbarsten ist, in seiner Infrastruktur«. Die Jugend-AG mobilisiert für Streiks an Schulen und Universitäten, anderswo wurde das »erfolgreiche und elegante Durchfließen« von Polizeiketten trainiert oder über die Organisation der zwei Anti-G20-Camps (eines davon »explizit antikapitalistisch«) in der Stadt beraten. »Mit vielfältigem und unberechenbarem Widerstand wird der reibungslose Ablauf der Gipfelinszenierung gestört werden«, versprach Paul Petersen von der Initiative »Kundgebung am Fischmarkt«.

Während Ideen im breiten Spektrum des zivilen Ungehorsams gesammelt wurden, war auf der Konferenz allerdings noch völlig unklar, welche (legalen) Möglichkeiten des Protests es überhaupt geben wird. Im Vorfeld hatte die vermeintliche Absicht der Polizei für Empörung gesorgt, eine weiträumige »blaue Zone« zwischen Innenstadt und Flughafen einzurichten, in der Demonstrationen verboten sein würden. »Die Innenstadt soll für die selbst ernannten Herren der Welt reserviert werden«, schilderte Demoorganisator Christoph Kleine: »Es geht darum: Wem gehört die Stadt?« Die Polizei sprach bezüglich der »blauen Zone« von Überlegungen, die keinesfalls abgeschlossen seien. »Dass der Gipfel mitten in der rebellischen Stadt stattfinden soll, ist eine Provokation«, sagte Maarten Thile vom »Zeckensalon St. Pauli«.

Für den 6. Juli, dem Vorabend des Gipfels, ist die autonome Demonstration »G20: Welcome to Hell!« geplant, am 8. Juli soll die Großdemo »Grenzenlose Solidarität statt G20!« stattfinden, auf der über 100 000 Teilnehmer erwartet werden. »Für uns ist völlig klar, dass wir einen Platz nahe der Messehallen für unsere Abschlusskundgebung bekommen werden«, gab sich Werner Rätz von Attac optimistisch für mögliche juristische Auseinandersetzungen.

Während sich die Arbeitsgruppen nach dem Mittagessen für drei Stunden an verschiedenen Orten auf St. Pauli sowie im Schanzen- und Gängeviertel trafen, bastelten einige im Ballsaal verbliebene Teilnehmer Plakate und Transparente für die abendliche Demo - ein kleiner Probelauf für den Juli. 850 Teilnehmer zogen vom Ballsaal Richtung Messehallen, es gab keine Zwischenfälle.

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