Letzte Chance für Europa

Der Aufstieg der Rechtsaußen in Frankreich kann nur mit einer europäischen Politikwende gestoppt werden. Was könnte Emmanuel Macron dazu beitragen?

  • Redaktion »Sozialismus«
  • Lesedauer: 13 Min.

Emmanuel Macron hat sich in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen in Frankreich mit 23,86 Prozent der Stimmen durchgesetzt. Marine Le Pen vom Front National kam auf 21,43 Prozent und ist damit gleichfalls in der entscheidenden Stichwahl. François Fillon, der bürgerlich- konservative Spitzenkandidat, erreichte nur 19,94 Prozent, Jean-Luc Mélenchon, der Kandidat der Linken, vereinigte 19,62 Prozent der Stimmen auf sich.

Die Ergebnisse der ersten Runde dokumentieren die Widersprüche der französischen Gesellschaft und die Zerrissenheit der Wählerschaft. Für die 1969 gegründete und unter Staatspräsident François Mitterrand konsolidierte Parti Socialiste (PS) ist das Ergebnis eine Katastrophe. Ihr Kandidat Benoît Hamon, der sich nach der Niederlage sogleich hinter Macron stellte, ist kläglich gescheitert. Schon im Wahlkampf hatte sich die während Hollandes Amtszeit zunehmend zerstrittene Partei gespalten. Führende gemäßigte Exponenten der Sozialisten wandten sich vom Überraschungssieger der Primärwahlen ab und liefen zu Macron über.

Zu Recht wird in Frankreich die Zerstörung des politischen Systems – sowohl der Parteien als auch der republikanischen Institutionen – herausgestellt: »Es ist historisch: Seit den Anfängen der Fünften Republik spielte sich das politische Leben Frankreichs um zwei große Parteien ab, eine links und eine rechts. (...) Das Jahr 2017 ist in dieser Hinsicht ein Einschnitt: Niemals zuvor in der Geschichte haben die beiden Hauptformationen unseres politischen Lebens zusammengerechnet ein so schwaches Ergebnis eingefahren.«

In der Tat: Die Ergebnisse der ersten Runde der Präsidentschaftswahl haben der Fünften Republik einen heftigen und vielleicht finalen Schlag versetzt. Die politischen und ökonomischen Eliten Frankreichs bezogen ihre Legitimität aus der wirtschaftlichen Prosperität, aus den daraus zur Verfügung stehenden Ressourcen, um für die breite Basis der Mittelstandsgesellschaft meritokratische Aufstiegschancen und eine als angemessen angesehene Entlohnung in der Standort- und innerbetrieblichen Leistungskonkurrenz bereitzustellen.

Aber dieser Nexus ist seit der großen Finanz- und Wirtschaftskrise ab 2008 gebrochen. Die Einkommensspreizung nimmt zu, die Armutsrate steigt, der Außenhandelsbeitrag und die Zahl der Arbeitsplätze im produzierenden Gewerbe sinken, gleichgültig, ob »die Linke« oder »die Rechte« in den letzten 20 Jahren den Präsidenten stellte.

In dieser Wahlkampagne wurden alle »Bisherigen« systematisch ins Abseits befördert: Als erster musste Staatspräsident François Hollande auf eine erneute Kandidatur verzichten. Bei der Kandidatenkür der Sozialisten erwies es sich für Manuel Valls als unverzeihlicher Nachteil, zuvor Regierungschef gewesen zu sein. Ex-Präsident Nicolas Sarkozy schaffte nicht einmal die Hürde der Vorwahlen seiner Partei Les Républicains, sein Parteikollege, Ex-Premierminister Alain Juppé, unterlag ebenso. Auch der rechtsbürgerliche, als korrupt entlarvte François Fillon, der auf die Mobilisierung der konservativen und erzkatholischen Mentalitäten gesetzt hatte, war einmal Regierungschef unter Sarkozy.

Große Teile des politischen Establishments sind schon vor dem ersten Wahlgang zu Macron übergelaufen. Die aus dem Sarkozy-Lager abgespaltene Partei UDI, die Bewegung für Demokratie (MoDem) um den Liberalen François Bayrou, aber auch die an der letzten Regierung des PS noch beteiligten Teile der Grünen (Daniel Cohn-Bendit) unterstützen eine Bewegung, die sich gegen die deutsche Dominanz in der EU und für neoliberale »Entschlackung« im Inneren ausspricht. Auch sie macht trotz eines Bekenntnisses zur Arbeitnehmerfreizügigkeit eine Verbeugung vor fremdenfeindlichen Mentalitäten.

Macrons Bewegung »En Marche« (Vorwärts) ist ein Kopf ohne Körper. Der Finanz- und Wirtschaftsexperte hat als Berater des sozialistischen Präsidenten Hollande fungiert und war zwei Jahre als Parteiloser Wirtschaftsminister in der sozialistischen Regierung. Macron beschwört die Zivilgesellschaft, das gemeinsame Handeln und das Suchen nach pragmatischen Lösungen für viele Probleme. Er spricht von den empörten BürgerInnen, die genug hätten und sich jetzt erhöben, um die Dinge selbst in die Hand zu nehmen.

»Eine gewaltige Aufgabe liegt vor uns, wir müssen ein System überwinden, das seit 30 Jahren die Hoffnungen der Franzosen enttäuscht hat, in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht.« Sein Ziel: Er will eine Mehrheit formieren mit allen FranzösInnen, die sich für die Überwindung der Krise am Arbeitsmarkt und der Hoffnungslosigkeit einsetzen. Die Überwindung der immensen Wut und Resignation soll mit der zentralen Zielsetzung »Emanzipation durch Arbeit« erfolgen. Was auf individueller Ebene Fortschritt bringt, soll dem ganzen Land zu einem Entwicklungsschub verhelfen: eine Reindustrialisierung in Zukunftsbranchen, im Hochtechnologiesektor, gestützt auf besser qualifizierte Fachkräfte. »Wir müssen nicht die Arbeitsplätze von gestern erhalten, sondern die Stellen von morgen schaffen.«

Dazu gehört, dass die Unternehmen von Steuern und Vorschriften entlastet werden. Zum Arbeitsmarkt und dem Schlüsselkonflikt der 35-Stunden-Woche hielt sich Macron im Wahlkampf bedeckt. Als Wirtschaftsminister hatte er sich für eine weitgehende Deregulierung des Arbeitsmarktes eingesetzt und war damit auf den entschiedenen Widerstand der Gewerkschaften gestoßen.

Adressatin von Macrons politischer Erneuerung ist die Mittelklasse. Sie sei 20 Jahre vernachlässigt worden. Es gelte, jetzt ihre Kaufkraft zu stärken. Die Wohnsteuer soll abgeschafft werden, da sie vor allem die Eigenheimbesitzer in der Provinz treffe. Zugleich will er neben der Stärkung der privaten Kaufkraft auch den sozialen Ausgleich und soziale Gerechtigkeit voranbringen. Im Zentrum steht für ihn die Überwindung der Arbeitslosigkeit, vor allem die der Jugend. Nicht der Ansatz der Rechten führe zum Ziel, wonach jeder sich selber helfen müsse, und auch nicht die Umverteilung nach Rezepten der politischen Linken. Vielmehr sei es Aufgabe des Staates, dass alle die nötige Ausbildung oder Weiterbildung erhielten. So könnten sich die Leute für den Arbeitsmarkt qualifizieren, wovon die Wirtschaft insgesamt profitiere. 15 Milliarden Euro müsse der Staat für eine Bildungsoffensive aufwenden.

In der französischen Gesellschaft gibt es vonseiten der politischen Linken starken Widerstand gegen diesen Versuch einer Stabilisierung der gesellschaftlichen Mitte. Der Sozialwissenschaftler Didier Eribon hat dieser Grundsatzkritik eine Stimme verliehen: Emmanuel Macron habe überhaupt nichts Modernes an sich. Er verkörpere die bürgerliche Utopie einer technokratischen »Gouvernementalität«, die die eigentliche Politik verschwinden lässt. Die von ihm propagierte Aufhebung von links und rechts könne nicht funktionieren. Die »notwendigen« Reformen des Arbeitsrechts sollen erlassen und nicht mehr von der Nationalversammlung beschlossen werden. Damit alles schneller gehen kann, soll es keine Parlamentsdebatte mehr geben. Macron wolle letztlich eine konservative Restauration, die Errungenschaften aus einhundert Jahren sozialer Kämpfe kassiere: das Arbeitsrecht, die Versicherungen für Arbeitslosigkeit, Krankheit und Rente. Eribon spricht es deutlich aus: Es ist diese Art der Weltwahrnehmung und des Regierens, die dem Front National die WählerInnen zutreibt. Wenn Macron im Mai zum Präsidenten gewählt werde, bekomme Le Pen beim ersten Wahlgang in fünf Jahren wahrscheinlich über 40 Prozent. Dynamisch gesehen wähle man also mit Macron schon heute Le Pen.

Die letzte Konsequenz aus dieser Skepsis gegenüber der von Macron angeführten Erneuerungsbewegung umreißt Sahra Wagenknecht: »Der ehemalige Investmentbanker Macron steht für die Fortsetzung und Verschärfung genau jener Politik des Sozialabbaus und forcierter Privatisierungen, die den reaktionären Front National Le Pens erst stark gemacht hat und absehbar weiter stärken wird.« Trifft diese Prognose zu, gibt es weder für Frankreich noch für Europa eine Chance zur Veränderung.

Diese Kritik trifft einen zentralen Punkt: Wenn die Gesellschaftsreform nicht vorankommt, dürfte der weitere Aufstieg des rechten Populismus nicht aufzuhalten sein. Macron muss in Frankreich eine politische Erneuerung durchsetzen, und er wird sie nur mit einer Veränderung der europäischen Politik einlösen können. Falls er die Stichwahl gewinnt, erhält auch Europa eine neue und vermutlich letzte Chance. Auch in Deutschland muss man verstehen, wie tief bei vielen FranzösInnen, auch bei denen, die nicht radikalisiert sind, die Enttäuschung über den Stillstand in Europa sitzt. Macron ist die letzte Gelegenheit, diesen Stillstand zu überwinden.

Kritiker erwarten von Macron eine Fortsetzung der Wirtschaftspolitik, die Frankreich in den letzten fünf Jahren mit Hollande an der Staatsspitze gemacht und die im Rückblick das Land nicht oder zu langsam vorwärtsgebracht hat. Also eine Politik der Ankündigungen, der Reformen des kleinsten gemeinsamen Nenners, letztlich die Fortsetzung von Stagnation und Zerfall.

Eine Chance hätte dieses Reformprogramm, wenn es zu einer deutlichen Ablösung der neoliberalen Austeritätspolitik in der EU käme. Damit rückt die Politik der schwarz-roten Koalitionsregierung in Berlin ins Zentrum. Macron kritisiert – wie viele Ökonomen und die US-Regierung – den hohen deutschen Exportüberschuss. Die Bereitschaft, mit Macron zusammenzuarbeiten, um beispielsweise ein (nationales und europäisches) Investitionsprogramm, eine Steuerharmonisierung innerhalb der EU und die Sicherung des Rentenniveaus durchzusetzen, ist innerhalb der politischen Klasse in Frankreich gering ausgeprägt.

»An Deutschland will Macron mit mehr als einer ehrgeizigen Forderung herantreten: Nicht nur soll der Nachbar östlich des Rheins die Eurobonds garantieren, Macron will auch darauf drängen, dass Deutschland seine hohen Exportüberschüsse abbaut, indem die Deutschen zugunsten anderer Länder – nicht zuletzt Frankreich – mehr importieren. Solche Forderungen aus Paris sind nicht neu, sie scheiterten in der jüngeren Vergangenheit jedoch immer am Widerstand in Berlin. (...) Macron stellt sich Europa wirtschaftlich als ein ›schützendes‹ Gebilde vor – ein reiner Freihändler, als den ihn Le Pen porträtiert, ist er nicht. Die Antidumping-Regeln, die heute etwa bei chinesischen Stahlimporten greifen, will Macron verschärfen. Zudem soll Europa über Handelsabkommen auf seine Wirtschaftspartner Druck machen, damit das Steuer-, Sozial- und Umweltdumping ein Ende findet. Innerhalb von Europa will er Mindeststandards für Gesundheitsschutz, die Arbeitslosenversicherung, den Mindestlohn und die Ausbildung einführen. Die europäischen Staaten sollen ihre Nationen vor feindlichen Übernahmen schützen dürfen, wenn sie strategische Interessen be- droht sehen«, so die FAZ.

Neben einer zügigen Veränderung der europäischen Konsolidierungspolitik muss Macron mit seiner Sammlungsbewegung auch eine parlamentarische Mehrheit in den anstehenden Wahlen zur Nationalversammlung zustande bringen. Seine Bewegung hat für die Wahlen im Juni viele Bewerbe- rInnen rekrutiert, um in allen Bezirken des Landes mit eigenen Frauen und Männern präsent zu sein. Aber deren politisches Agieren ist bislang noch keinen Belastungsproben ausgesetzt gewesen. Es ist fraglich, ob sich die von Macron gepriesenen »Vertreter der Zivilgesellschaft« gegen die alteingesessenen Honoratioren der politischen Klasse werden durchsetzen können.

Die Parlamentswahlen sind für die gedemütigten Traditionsparteien die letzte Chance, ihr politisches und finanzielles Überleben zu sichern. Faktisch werden wir mit einer Erneuerungsbewegung der Republikaner und einer Wiederbelebung der sozialistischen Partei konfrontiert sein. Diese Überlebensversuche des politischen Establishments werden auf den harten Widerstand von großen Teilen der FranzösInnen treffen, die die alten Parteien abservieren wollen, die seit 30 Jahren nicht mit der gesellschaftlichen Perspektivlosigkeit und Massenarbeitslosigkeit fertigwerden.

Die französische Rechtspopulistin Marine Le Pen hat in der ersten Runde der Präsidentenwahl nach Zahl der Stimmen das beste Ergebnis in der Ge- schichte des Front National erzielt. Mehr als 7,6 Millionen WählerInnen stimmten für Le Pen. Das sind deutlich mehr als die 6,8 Millionen Stimmen, die der Front National landesweit in der zweiten Runde der Regionalwahlen 2015 bekam – dem bisherigen Stimmenrekord der rechtsextremen Partei. Die Entdiabolisierung der Rechtsextremen war mit 21,4 Prozent für Marine Le Pen faktisch erfolgreich.

Marine Le Pen hat im Wahlkampfendspurt ihre Rhetorik gegen Einwanderer und die Europäische Union verschärft: »Die massive Einwanderung ist keine Chance für Frankreich, sie ist ein Drama für Frankreich.« Sie kündigte an, als Präsidentin sofort ein Einwanderungs-Moratorium durchzusetzen, bis härtere Regeln in Kraft seien. Das Moratorium soll explizit die legale Einwanderung umfassen. Sie sprach sich auch für Grenzkontrollen nach den Wahlen aus. »Meine erste Maßnahme als Präsidentin der Republik wird es sein, Frankreich die Grenzen zurückzugeben.«

Zudem bekräftigte sie ihre Forderung, aus dem europäischen Schengen-Raum auszusteigen. Frankreichs Souveränität sei an »Technokraten in Brüssel« abgegeben worden. Die rechtspopulistische Kandidatin will auch aus dem Euro austreten. Laut Experten könnte damit nicht weniger auf dem Spiel stehen als die Zukunft der Gemeinschaftswährung – oder gar der Europäischen Union.

Wie in den meisten Industrieländern hegen die BürgerInnen in Frankreich immer mehr Misstrauen gegen die wirtschaftliche und politische Elite. Hinzu kommen Gefühle der Machtlosigkeit, wachsende Wut gegen die Zunahme sozialer Ungleichheit und Einwanderung sowie Sorgen über wirtschaftlichen Ab- stieg. Diese Gefühle haben – ebenso wie die historisch starke Rolle des französischen Staates als Garant für Identität und Wirtschaftswachstum – zum Aufstieg des Front National beigetragen.

Den meisten FranzösInnen ist die Familiensaga der Le Pens bekannt. Die Abscheu vor den radikalen Ideen und dem Fremdenhass in der Ideologie des FN hat sich abgenutzt. Rund ein Drittel der WählerInnen findet heute an den Vorschlägen des FN nichts Erschreckendes mehr. Die Krise der EU, die Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus, die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit und ungelöste Flüchtlingsprobleme schaffen den idealen Nährboden für eine nationalistische Demagogie. Wie andere rechtspopulistische Bewegungen in Europa liegt der FN im Trend.

Der Front National hat eine treue Stammwählerschaft, und diese hat sich seit 2002 auf über 20 Prozent vergrößert. Mangels gesellschaftlicher Allianzen lässt sie sich aktuell nicht so stark ausweiten, sodass Marine Le Pen im zweiten Wahlgang keine reelle Chance auf den Sieg hat. Der Front National wird im zweiten Wahlgang bei 35-40 Prozent der Stimmen hängen bleiben, das wären bei gleichbleibender Wahlbeteiligung immerhin um die 13 Millionen WählerInnen.

Wenn Le Pen verliert, dann ausgerechnet wegen der angeschlagenen EU. Le Pens Wahlversprechen Nummer eins ist die Rückkehr zur »nationalen Souveränität«, also die Abkehr von Brüssel. Es stimmt zwar, dass die FranzösInnen nicht gut auf die EU zu sprechen sind. Aber die Nein-Mehrheit von 2005 war gegen die Vertiefung und Erweiterung der EU gerichtet, nicht gegen deren Existenz. »L’Europe« gilt in französischen Augen auch als französische Idee und Konstruktion. Laut Umfragen wollen 72 Prozent der BürgerInnen Frankreichs in der Union und der Eurozone bleiben. Eigentlicher Le Pen-Nachteil: Ein Euroausstieg würde gerade die FN- WählerInnen – Geringverdiener, Kleinsparer – via Inflation und Rezession am härtesten treffen.

Le Pen kann die aktuelle Präsidentenwahl nicht gewinnen. Allerdings wird der FN bei den nachfolgenden Parlamentswahlen sein politisches Schwergewicht zum Tragen bringen. Es gibt also keinen Grund für die entlastende These, dass mit der Wahl von Macron dem rechten Populismus der Nährboden entzogen worden sei. Scheitert sein Versuch der Erneuerung – sei es auf politischem, sei es auf ökonomischem Terrain –, dann ist die Zerstörung der europäischen Gesellschaften nur bis zur Präsidentschaftswahl 2022 ausgesetzt. Das politische Kalkül des FN zielt darauf ab, dass in der kommenden Legislaturperiode in Frankreich alles nur noch schlimmer werde – denn der sozial-liberale Macron habe weder in Frankreich noch in Europa eine reelle Chance für eine umfassende Reformbewegung.

Das starke Gefälle der ökonomischen Leistung zwischen den einzelnen EU- Mitgliedstaaten heizt den Nationalismus in Europa an. Doch trotz des zu- nehmenden Nationalismus und tiefer Divergenzen muss die Hoffnung nicht aufgegeben werden, dass die EU wieder ein gemeinsames Projekt entwickelt, das die Herzen der BürgerInnen anspricht. Seit der Euro-Krise tritt Deutschland als ökonomische Hegemonialmacht auf. Als strenger Erzieher, der die in Deutschland vermeintlich funktionierenden Rezepte mit Beharrlichkeit den Schwächeren aufdrückt. Am entschiedensten ist der Widerstand gegen Deutschland in Frankreich, wo der Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon gegen deutsche Wirtschaftsrezepte und Lebensart einen beträchtlichen Massenprotest organisiert hat. Deutschland bleibt auf ab- sehbare Zeit auf Frankreich angewiesen. Umso mehr kann der neue französische Präsident im Gegenzug entschlossenere deutsche Handlungen in der europäischen Wirtschaftspolitik einfordern. Es ist unverzichtbar, dass Deutschland sich zu einem europapolitischen Kurswechsel durchringt. Nur mit einer neuen europapolitischen Anstrengung könnte es gelingen, dem rechten Populismus den Nährboden zu entziehen.

Der hier dokumentierte Beitrag erscheint in der neuesten Ausgabe der Zeitschrift »Sozialismus«. Das Heft widmet sich unter anderem der Lage in der Türkei nach dem Referendum, der Situation der italienischen Linken sowie dem Zusammenhang von sozialer Spaltung und Rechtspopulismus. Mehr Informationen und Bezugsmöglichkeiten unter sozialismus.de

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