Maulwürfe bleiben geheim

Journalisten in Niedersachsen schweigen über Informanten zu Details aus U-Ausschuss

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

Maulwürfe versorgen Medien mit geheimen Details aus dem Untersuchungsausschuss, der sich in Niedersachsen mit Versäumnissen bei der Abwehr islamistischen Terrors befasst. Mit diesem Vorwurf beschäftigt sich die Staatsanwaltschaft. Und so hat sie schon mehrmals Journalisten zu sich bestellt, hoffend, dass diese ihre Tippgeber nennen. Betroffen von solchen Vorladungen sind Pressevertreter, die aus den Sitzungen des Ausschusses berichten, immer dann, wenn er öffentlich tagt. Brisantes jedoch, das die Arbeit von Polizei und Verfassungsschutz betrifft, erörtert das Gremium hinter verschlossenen Türen, in einem abhörsicheren Raum.

Ihn dürfen auch Journalisten nicht betreten. Dennoch hören sie über das Besprochene so manch Interessantes. Von wem? Um das zu erfahren, ermittelt die Staatsanwaltschaft in mehreren Fällen »gegen Unbekannt« wegen Verdachts des Geheimnisverrats. Sie versucht, aus den Reihen von Redakteuren und Korrespondenten zu hören, wer die Durchstecher sein könnten.

Ein wenig Erfolg versprechender Versuch. Werden sich die Journalisten doch auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen und schweigen. Presseleute dürfen das ebenso wie beispielsweise auch Ärzte, Rechtsanwälte und Pfarrer. Das weiß die Staatsanwaltschaft sehr wohl, und so stellt sich die Frage, weshalb sie die Medienvertreter überhaupt vorlädt, ihnen bei Nichterscheinen sogar ein Ordnungsgeld androht.

Aufgrund von Anzeigen seitens der Polizei sei die Anklagebehörde aktiv geworden, lautet die offizielle Auskunft. Die CDU/FDP-Opposition jedoch vermutet offenbar, dass die rot-grüne Regierung hinter der Sache steckt, Journalisten einschüchtern und so verhindern will, dass peinliche Ermittlungspannen bekannt werden. Kaum anders ist die »dringliche Anfrage« zu erklären, mit der die Union am Donnerstag im Parlament mehr über Vorladungen an Journalisten und Abgeordnete wissen wollte. Denn auch eines der Landtagsmitglieder, die ebenfalls Zeugnisverweigerungsrecht haben, wollte die Staatsanwaltschaft befragen: den CDU-Obmann im Islamismus-Ausschuss, Jens Nacke. Er erinnerte jetzt an die Empörung, die das Vorgehen der Ermittler ausgelöst hatte: in Medien ebenso wie beim Deutschen Journalistenverband, der durch die Vorladungen den Informantenschutz und damit »einen Grundpfeiler der Pressefreiheit« gefährdet sieht.

Welch hoher Wert der Pressefreiheit beizumessen sei, brachte auch Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz (Grüne) zum Ausdruck, als sie zur Anfrage der Union Stellung bezog. Schon der Anschein einer Einschüchterung von Medienvertretern verbiete sich, sagte sie. Aber man bewege sich in einem »sensiblen Spannungsfeld« zwischen Pressefreiheit und dem gesetzlich gebotenen Auftrag der Staatsanwaltschaft, Anzeigen nachzugehen. Dabei »alle Ermittlungsansätze auszuschöpfen«, das sei nun mal die Aufgabe jener Behörde.

War das Ganze tatsächlich allein von Polizisten in Gang gesetzt worden? Oder aber doch von der rot-grünen Landesregierung, von Innenminister Boris Pistorius (SPD)? Hatte er die Polizei veranlasst, die Strafanzeigen gegen unbekannt zu stellen? Nein, das habe er nicht, betonte der Politiker auf Fragen der Union.

Auf die Frage, wie denn die Vernehmungen der Journalisten und auch des Abgeordneten bei der Staatsanwaltschaft ausgegangen seien, antwortete wiederum die Justizministerin: »Keiner hat Angaben zur Sache gemacht«.

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