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Extremismusstudie erzürnt CDU und LINKE

Forscher machen DDR für Rechtsradikalismus im Osten verantwortlich und kritisieren Sachsens Politik

  • Velten Schäfer
  • Lesedauer: 2 Min.

Iris Gleicke (SPD), Beauftragte der Bundesregierung für die neuen Bundesländer, hat mit einer Studie zum Rechtsextremismus im Osten den Zorn der sächsischen CDU auf sich gezogen - und scharfe Kritik der Vorsitzenden der Linkspartei, Katja Kipping.

In der Untersuchung, die in Gleickes Auftrag vom Göttinger Institut für Demokratieforschung durchgeführt und am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde, geht es erstens um die Genese der im Osten der Republik besonders bedrohlichen extremen Rechten. Michael Lühmann, einer der Autoren, stellte bei der Präsentation diesbezüglich das kulturelle und institutionelle Erbe der DDR in den Vordergrund: »Die eine Ursache« gebe es zwar nicht, doch seien eine »autoritäre Erziehung« in der DDR, die »doppelte Diktaturerfahrung« der Ostdeutschen und eine populäre »Romantisierung der DDR« maßgebliche Faktoren, die den Osten Deutschlands für extrem rechte Weltbilder und Straftaten deutlich anfälliger machten als die westlichen Bundesländer.

Auch Gleicke sprach bei der Vorstellung der Studie von einer solchen »historisch gewachsenen Neigung«, wenngleich die Mehrheit der Menschen im Osten keineswegs extrem rechts gesonnen sei. Diese »schweigende Mehrheit«, so die aus Thüringen stammende Politikerin, müsse sich aber bemerkbarer machen.

Diese Herleitung sorgt bei LINKE-Chefin Katja Kipping für Widerspruch: Ein solcher Verweis auf das Aufwachsen in der DDR sei als Begründung für den Rechtsextremismus in den Ost-Ländern »völlig überzogen«, sagte Kipping der Agentur AFP. Daraus lasse sich »beim schlechtesten Willen keine Ursache für einen gesellschaftlichen Rechtsruck momentanen Ausmaßes konstruieren«.

Für wütenden Widerspruch aus der sächsischen CDU sorgt zugleich derjenige Teil der Untersuchung, der sich mit Gegenstrategien befasst. Mitautor Lühmann sprach bei der Vorstellung der Studie, die sich zur Hauptsache auf qualitative Interviews mit lokalen Akteuren in den Dresdner Peripheriegemeinden Freital und Heidenau sowie in Erfurt-Herrenberg stützt, von einer in Sachsen virulenten Haltung, derartige Probleme »wegzudrücken« und hinter einem »Sachsenstolz« verschwinden zu lassen. Auch gebe es Tendenzen einer »Stigmatisierung von Gegenwehr«.

Dies wies der sächsische CDU-General Michael Kretschmer zurück. Sachsen stehe für »Nulltoleranz« gegen Rechtsextreme. »Heimatliebe«, ein »patriotisches Bekenntnis« und die »Leitkultur« dürften nicht schlechtgeredet werden. Man müsse sich fragen, ob Gleicke »ihren Job noch richtig versteht«. Sie solle lieber infrastrukturelle und wirtschaftliche Lücken schließen helfen.

Gleicke wiederum sagte, auch angesichts des Rechtsextremismus dürfe sich der Staat nicht »aus der Fläche zurückziehen«.

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