Wie Amin Younes sein Glück in den Niederlanden fand

Aus Gladbach ins Europa-League-Finale: Younes läuft an diesem Mittwoch mit Ajax Amsterdam gegen Manchester United auf

  • Andreas Morbach, Amsterdam
  • Lesedauer: 3 Min.

Amin Younes kann sich noch gut an die vielen Gespräche mit Horst Hrubesch im Sommer 2015 erinnern. Von der U21-EM in Tschechien hatte der gebürtige Düsseldorfer endlich mal ordentlich Rückenwind für seine weitere Karriere mitgenommen - und den galt es nun mit Hilfe von Nachwuchscoach Hrubesch, seinem Förderer und Mutmacher, richtig zu kanalisieren. »Ich hatte damals mehrere Optionen«, berichtet Younes. Hrubesch riet ihm letztlich zu einem Wechsel in die niederländische Eredivisie - zu Ajax, dem Klub mit der ruhmreichen Vergangenheit, der nach langer internationaler Durststrecke am Mittwoch um den Titel in der Europa League spielt.

Der Tipp des wohlwollenden Riesen aus Westfalen war für das große Talent in Wartschleife also Gold wert. »Ich war mir sicher, dass Ajax menschlich und fußballerisch am besten zu mir passt«, erzählt Younes von der gemeinsamen, treffsicheren Entscheidung - und dank dieser Erfahrung wird er demnächst wohl häufiger mal in Boostedt durchläuten. In der 5000-Seelen-Gemeinde im Süden von Schleswig-Holstein wohnt Horst Hrubesch seit zwei Jahren. Und den Gedankenaustausch mit dem 66-Jährigen, den Younes als »Freund« bezeichnet, kann der frühere Gladbacher gerade sehr gut brauchen.

Denn die internationale Erfolgstour von Ajax, das zuletzt Schalke 04 und Olympique Lyon spektakulär aus dem Wettbewerb warf und im Finale nun das von dem Bombenanschlag in Manchester erschütterte Team von ManUnited herausfordert, hat die Protagonisten aus Oranje-Land ins Rampenlicht gerückt. Nicht zuletzt Wirbelwind Younes, der inzwischen auf den Radarschirmen von Topklubs wie Dortmund, Leipzig, Liverpool oder Sevilla stehen soll.

»Amin kickt immer dann gut, wenn er einem Trainer vertrauen kann«, weiß Hrubesch. Mit der moralischen Unterstützung in Mönchengladbach und später als Leihspieler in Kaiserslautern war es jedoch nicht weit her, weder Lucien Favre noch Kosta Runjaic konnten sich für den kleinen Offensivdribbler mit den libanesischen Wurzeln begeistern. Die Wende zum Guten kam für den Verschmähten dann vor zwei Jahren mit dem Wechsel zum westlichen Nachbarn.

In Younes‘ erster Saison war das berühmte Offensivspektakel der Amsterdamer Schule allerdings noch im Niedergang begriffen, Fans und Experten mokierten sich über den ermüdenden Ballbesitzfußball des früheren Innenverteidigers Frank de Boer. Die Patina auf dem Mythos Ajax verschwand erst mit der Neubesetzung des Cheftrainerpostens. Im Sommer 2016 übernahm Peter Bosz den Job von de Boer - und fegte beim 33-maligen niederländischen Meister, dessen letzter internationaler Titel 22 Jahre zurückliegt, richtig durch. Er veränderte den Stil der Mannschaft radikal, mit hohem Risiko, enormem Druck und exzellenter Technik geht es bei Amsterdam nun schnurstracks Richtung gegnerisches Tor.

»Wir spielen Fußball für die Zuschauer, versuchen attraktives und erfolgreiches Spiel zu kombinieren«, erläutert Bosz sein fußballerisches Credo - das gegen ManU nun den ultimativen Härtetest erfährt. »Wenn du im Finale stehst, musst du es auch gewinnen«, findet der 53-jährige Coach des holländischen Vizemeisters. »Und ich glaube, dass es möglich ist - wenn wir unsere Art Fußball zu spielen durchziehen können.«

Eine feste Größe im Angriff der extrem jungen Ajax-Elf - mit Schlüsselspielern wie Torhüter André Onana (21), den Innenverteidigern Davinson Sanchez (20) und Matthijs de Ligt (17) oder Torjäger Kasper Dolberg (19) - ist dabei Amin Younes. In den Duellen mit Schalke und Lyon glänzte der 23-Jährige, der inzwischen Niederländisch gelernt hat, vor allem vor eigenem Publikum.

Die schwierigen Zeiten in Deutschland und seine Fähigkeit zur Selbstkritik hätten ihn vorangebracht, analysiert Younes die eigene Entwicklung. Wobei ihn die fruchtbare Zeit an Amsterdams Grachten nun auch frisch in die DFB-Auswahl für den Confed-Cup gespült hat. »Er ist sehr gut im Eins-gegen-Eins«, begründete Joachim Löw seine Entscheidung. Damit folgte der Bundestrainer exakt dem Urteil seines aktuellen Sportdirektors. Dessen Name: Horst Hrubesch.

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