Jeder will den Mittelstand entlasten

Niedersachsen-, Bayern-, Mittelstands-, DGB- oder doch das LINKE-Einkommensteuermodell?

  • Lesedauer: 3 Min.

Mit steigenden Außentemperaturen wird auch der Bundestagswahlkampf immer heißer. Neben der Inneren Sicherheit werden vor allem die Steuern ein Wahlkampfthema sein. Zwar konnte sich die Bundes-SPD noch nicht für ein Steuermodell entscheiden, und auch die Grünen halten sich mit konkreten Vorschlägen vornehm zurück, doch dafür warten andere Akteure bereits mit ausgearbeiteten Reformvorschlägen auf.

Die Mittelstandsvereinigung der Union geht mit besonders hohen Steuersenkungsforderungen in den Wahlkampf. Über 33 Milliarden Euro pro Jahr könnte es den Fiskus kosten, wenn sie mit ihrer Forderung durchkommt. Sie will den »Mittelstandbauch«, der dadurch entsteht, dass der Grenzsteuersatz bei niedrigen Einkommen besonders schnell steigt, dadurch abflachen, dass der Grenzsteuersatz in der Mitte der Progression von 23,97 auf 20 Prozent gesenkt wird. Zudem will sie die Grenze, ab der der Spitzensteuersatz greift, von derzeit rund 54 000 auf 60 000 Euro anheben. Von diesem Vorschlag würden vor allem Besserverdiener profitieren. Mehr als ein Drittel der Kosten würde den einkommensreichsten zehn Prozent zugute kommen.

Der Bayern-Tarif vom bayerischen Finanzminister Markus Söder (CSU) ist da schon günstiger und sozial ausgewogener. Er würde den Staat neun Milliarden Euro jährlich kosten und Grenz- sowie Spitzensteuersätze bei ihren jeweiligen Werten belassen. Die einzige Änderung in der Progression neben der Abschaffung des Solidaritätszuschlags besteht darin, die »Knickstelle« des Mittelstandsbauches, die derzeit beim Grenzsteuersatz von 23,97 Prozent und einem zu versteuernden Einkommen von 13 769 Euro liegt, auf 16 250 Euro nach hinten zu schieben. Davon würden auch Niedrigverdiener profitieren. Nichtsdestotrotz würden fast zwei Drittel der Steuersenkungen dem einkommensstärksten Drittel zu Gute kommen.

Der Niedersachsen-Tarif soll laut seinem Erfinder, dem niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD), vor allem untere und mittlere Einkommen entlasten. Neben der Abschaffung des Solis soll dies dadurch erreicht werden, dass der Anstieg des Grenzsteuersatzes noch stärker als beim Bayern-Tarif verlangsamt wird. Der Grenzsteuersatz von 23,97 Prozent soll dabei erst ab einem Einkommen von 25 000 Euro fällig werden. Gleichzeitig will Weil die Schwelle zum Spitzensteuersatz auf 58 000 Euro anheben. Dieser soll dann anstatt 42 künftig 45 Prozent betragen. Ab 150 000 Euro soll eine Reichensteuer von 49 Prozent greifen. Weil verspricht, dass 75 Prozent aller Steuerpflichtigen entlastet werden. Kinderlose Singles etwa müssten erst ab einem Gehalt von 9300 Euro im Monat mehr steuern zahlen. Maximale steuerliche Entlastungen würden bei einem Bruttolohn von 5500 Euro anfallen und 683 Euro betragen.

Das Einkommensteuermodell der LINKEN sieht die stärkste Anhebung des Spitzensteuersatzes vor. Ab 70 000 Euro im Jahr sollen 53 Prozent, ab 256 303 Euro 60 Prozent und ab einer Million 75 Prozent Einkommensteuer fällig werden. Gleichzeitig will die LINKE untere und mittlere Einkommen massiv entlasten - etwa durch die Anhebung des Grundfreibetrags von derzeit knapp 9000 auf 12 600 Euro. Laut Berechnungen des DIW würden 95 Prozent aller Haushalte davon profitieren. Dafür würde vor allem das reichste Prozent zur Kasse gebeten, das insgesamt 20 Milliarden Euro jährlich mehr an Einkommensteuern zahlen müsste. Auch will die LINKE durch eine Vermögensteuer das Aufkommen am oberen Ende der Gesellschaft erhöhen.

Indes gehen nicht nur Parteien mit einem Steuerkonzept in den Wahlkampf. Auch der DGB hat eins vorgelegt. Es sieht die Anhebung des Freibetrags auf 11 000 Euro vor. Danach soll der Grenzsteuersatz von einem auf 22 Prozent angehobenen Eingangssteuersatz linear bis zu einem Spitzensteuersatz von 49 Prozent ab einem Einkommen von 70 000 Euro ansteigen. Ab 125 000 Euro sollen 52 Prozent fällig werden. Mit Mindereinnahmen von 3,5 Milliarden Euro wäre dieser Vorschlag relativ aufkommensneutral. Davon profitieren würden alle bis auf die einkommensstärksten zehn Prozent. Diese müssten im Schnitt rund 2250 Euro mehr an Steuern pro Jahr zahlen. spo

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal