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Teheran fürchtet US-Intervention
Sorge vor Eskalation im Krieg zwischen Iran und Israel wächst
Weniger als ein Jahr ist es her, dass US-Präsident Donald Trump im Wahlkampf den Mengen entgegendonnerte, er werde Kriege »innerhalb von 24 Stunden« beenden. Mittlerweile ist das Bild das komplette Gegenteil: Ein Ende der Kriege in der Ukraine und im Gazastreifen ist nicht in Sicht. Und in Washington wird nun offen darüber diskutiert, ob sich die Vereinigten Staaten an den Angriffen der israelischen Luftwaffe auf den Iran beteiligen sollen: Es ist die Zeit der martialischen Rhetorik, nicht der Verhandlungen.
Zwar hatten iranische Unterhändler mittels der Regierungen der Golfstaaten übermitteln lassen, man sei zu einem Waffenstillstand, zu Gesprächen bereit, auch über das Atomprogramm, das der Auslöser des neuen Kriegs war. Doch Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu wies das umgehend zurück. Und besonders viel Druck von den Führungen der arabischen Welt ist nicht erkennbar: Man protestiert nicht einmal besonders laut gegen die Nutzung des eigenen Luftraums durch israelische Kampfflugzeuge.
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Angst vor den Revolutionsgarden
Der wahrscheinliche Grund: Vor allem auf der Arabischen Halbinsel werden die iranischen Revolutionsgarden ebenfalls als Bedrohung gesehen, was allerdings nicht vor allem an der Möglichkeit liegt, dass das offiziell nur zivilen Zwecken dienende Atomprogramm irgendwann mit fertigen Nuklearwaffen enden könnte. Im Laufe der Jahre hat die Quds-Brigade, eine Elite-Einheit innerhalb der Revolutionsgarden, die vor allem im Ausland aktiv ist, ein dicht geflochtenes Netz aus Scheinfirmen gespannt: Durch die Umgehung der Sanktionen werden immense Geldmengen generiert, mit denen wiederum militante Gruppen in vielen Ländern hochgerüstet und alimentiert werden.
Beispiel Jemen: Dort kämpft seit über zehn Jahren die Huthi-Miliz gegen die international anerkannte Regierung, die zeitweise durch eine von den USA unterstützte und von Saudi-Arabien geführte Militärallianz mit Bombenangriffen unterstützt wurde. Die Huthi indes bekommen Hilfe aus Teheran. Vor einigen Jahren wurde dann nach jahrelangen Friedensverhandlungen ein Waffenstillstand geschlossen, der bislang hält. Doch nach Beginn des Gaza-Kriegs zeigte sich auch: Die Waffen der Huthi sind besser geworden, so gut, dass sie damit auch Israel erreichen können. Und auch die Bevölkerungszentren in Saudi-Arabien und in den Vereinigten Arabischen Emiraten, wo ebenfalls bereits Raketen aus dem Jemen einschlugen.
Krieg gegen den Iran führten auch viele der Golfstaaten, die Vereinigten Staaten und auch Israel schon seit Langem, nur waren es Stellvertreterkriege, die sich im Jemen, in Syrien, im Libanon oder im Gazastreifen abspielten.
Israel setzt auf einen Kriegseintritt der USA
Nun hofft Israels Regierung darauf, dass sich Trump zu einem Kriegseintritt der USA bewegen lässt. Und der US-Präsident forderte auch schon mal in sozialen Netzwerken die »bedingungslose Kapitulation« des Iran, während die US-Medien unter Berufung auf Quellen in seinem Umfeld berichten, er spiele ernsthaft mit dem Gedanken. Einem CNN-Bericht zufolge verlegte das US-Militär in den vergangenen Tagen 30 Flugzeuge in die Region, die dazu genutzt werden könnten, israelische Kampfflugzeuge in der Luft aufzutanken. Außerdem sollen sich zwei Flugzeugträgerverbände auf dem Weg befinden. Doch CNN-Reporter Stephen Collinson schränkt auch ein: »Wie immer müssen wir uns fragen, wie viel von Trumps hartem Gerede ernst gemeint ist. Vielleicht versucht er, den Iran zurück zur Diplomatie zu mobben.«
Vor allem aber sind die Republikaner in der Iran-Frage gespalten: Während Senator Lindsey Graham fordert, »aufs Ganze zu gehen«, mahnte die Abgeordnete im Repräsentantenhaus Marjorie Taylor Greene, eine von Trumps Top-Verbündeten, dass eine Kriegsbeteiligung eine Abkehr von Trumps Politik bedeuten würde: »Wir haben sehr deutlich betont: Lasst uns ›Amerika zuerst‹ sein. Lasst uns draußen bleiben.«
Hinzu kommt aber auch: Nach den Kündigungswellen in den USA seit Trumps Amtsantritt herrscht in vielen Behörden Chaos; es ist unklar, ob die US-Regierung und Militärführung noch über die Expertise verfügen, die notwendig wäre, um die Folgen einer Kriegsbeteiligung einzuschätzen.
Denn schon jetzt zeigt sich: Der Konflikt könnte sich schnell zum Monate, möglicherweise Jahre langen Abnutzungskrieg entwickeln, für alle, die sich daran beteiligen.
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