Eine ganz gewöhnliche Legende

Mit 36 Jahren bekommt der fast zurückgetretene Fußballprofi Torsten Mattuschka seine Biografie

  • Julien Duez
  • Lesedauer: 3 Min.

Sonne, Freunde, Spaß und Erinnerungen. Am vergangenen Wochenende trafen sich gut 200 Fußballfans im Union-Kino im Berliner Stadtteil Friedrichshagen. Der Name des Kinos passte perfekt, denn im ausverkauften Saal versammelten sich vor allem Anhänger des rot-weißen Fußballvereins aus Köpenick. Der einstige Union-Spieler Torsten Mattuschka las aus seiner kürzlich erschienen Biografie »Torsten Mattuschka, Kultkicker mit Herz und Plauze« (Verlag Die Werkstatt, 14,90 Euro) vor.

Mit dabei: Autor und Fotograf Matthias Koch, der auch für »nd« regelmäßig schreibt. Zwar Jena-Fan, folgt Koch Mattuschka seit seinem Debüt in der Hauptstadt. Ein Buch über den 1. FC Union hatte er schon 2013 veröffentlicht.

»Torsten Mattuschka, du bist der beste Mann, Torsten Mattuschka, du kannst was keiner kann, Torsten Mattuschka, hau ihn rein für den Verein!« Mit diesem Ruf wurde der 36-Jährige am Freitag herzlich begrüßt. Trotz seines unfreiwilligen Abgangs zu Energie Cottbus 2014 hat »Tusche« in den Herzen der Unioner seinen Status als Publikumsliebling nie verloren. Kaum ein Spieler hat den 1. FC Union Berlin in den vergangenen Jahren so gut repräsentiert wie er. Seine gute Laune, seine Nähe zu den Fans und seine beeindruckenden Freistoßtore haben den gebürtigen Cottbuser zum Helden der Eisernen gemacht. Selbst Weltmeister Christoph Kramer schildert im Vorwort des Buches, wie er »Tusche« einst bei einem Dopingtest traf - in seiner Zeit beim VfL Bochum.

Der Gladbacher war aber keiner der Überraschungsgäste, die im Union-Kino aufliefen. Stattdessen kamen die Ex-Unioner Jan Glinker, Detlef Schneeweiß und Detlef Schwarz, sowie Steven Skrzybski aus dem aktuellen Kader. Alle erzählten lustige oder ergreifende Anekdoten über den einstigen Mitspieler. Demnach war es eine große Erfahrung, mit Mattuschka in der Kabine zu sitzen, und seine spätere Ernennung zum Mannschaftskapitän schon früh offensichtlich.

»Tusche« selbst erinnert sich im Buch an die Menschen, die seinen Weg in die Beletage des Fußballs markiert haben. Zum Beispiel Eduard Geyer, dessen sächsischen Akzent er wunderbar imitieren kann. Oder von Trainer Uwe Neuhaus und Norbert Düwel, der Mann der Mattuschkas Weggang von Union unterzeichnet hat. »Was ich persönlich von Uwe Neuhaus’ Abgang nach Dresden gehalten habe? Einfach Scheiße!«, antwortet er einem Fan in seiner charakteristischen Frechheit.

Mit diesem Buch ist Mattuschka vielleicht der erste Fünftligaspieler der Welt, der seine Biografie bekommen hat. Es wurde gar gemunkelt, er könnte in einer Woche endgültig in den Ruhestand gehen. Wenn alles läuft wie geplant, nach einer Krönung - mit dem Aufstieg des VSG Altglienicke Berlin in die Regionalliga. Doch sein Vertrag läuft noch bis 2018, und den will »Tusche« auch erfüllen.

Viel Wasser ist die Spree hinabgeflossen seit seinem Karrierebeginn. Ende der 90er spielte er beim Siebtligisten SV Dissenchen und absolvierte eine Ausbildung als Maler und Lackierer. Er begann seine Profikarriere beim FC Energie Cottbus - damals noch ein paar Kilo übergewichtig. 2005 begann sein Abenteuer bei Union. Dort blieb er neun Spielzeiten und absolvierte genau 299 Pflichtspiele.

Am 2. September 2017 wird sich der Kreis schließen. Zusammen mit Unions Ex-Torjäger Karim Benyamina, spielt »Tusche« dann sein Unioner Abschiedsspiel auf dem Rasen der Alten Försterei. »Hoffentlich mit vielen Jungs mit denen ich damals gekickt habe. Also Glinker, Stuff, Kohlmann, Quiring. Vielleicht auch Simon Terodde.« Ob der jüngst mit Stuttgart in die Bundesliga aufgestiegene Stürmer teilnimmt, ist bisher nicht bestätigt.

Vorerst gibt es 5000 Exemplare der Biografie des berühmtesten Normalos der Welt zu genießen. Lesenswert, nicht nur für Unioner, sondern auch für Fußballromantiker - weit entfernt von den Stars der ersten Liga, in der Mattuschka zumindest vier Partien absolviert hat.

Wer Lust hat zu hören, wie der Antiheld seine Anekdoten erzählt, kann ihn in Berlin an diesem Mittwoch im Eventschiff Windflüchter am Ufer des Müggelsees treffen. Einlass ist ab 17:30 Uhr.

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