Ungehindert kriminell

Ulrike Henning über fortgesetzte Betrügereien in der Pflege

  • Ulrike Henning
  • Lesedauer: 1 Min.

Ein Restaurant kann nur gut laufen, so heißt es bei Insidern, wenn entweder der Staat, das Personal oder die Kunden betrogen werden. Die Faustregel ist offenbar auch auf Pflegedienste anwendbar. Bei den aktuellen Fällen werden vor allem Pflegekassen und Patienten betrogen. Von enormer Gewinnmaximierung bei relativ geringem Entdeckungsrisiko ist die Rede. Mindestens vor einem Jahr schon wurde die genutzte Struktur erkannt. Betrügen ließ sich offenbar weiterhin ungestört.

Neu ist der Aspekt, dass die jetzt beschuldigten 230 »russisch-eurasischen« Anbieter genauso rührig in anderen, deutlicher illegalen Geschäftsfeldern aktiv sind. Kapital häuft sich bei Kriminellen, und so leicht wie in der Pflege wird die Akkumulation sonst wohl kaum gemacht. Gesetzliche Krankenkassen beklagen seit Jahren fehlende Schwerpunktstaatsanwaltschaften. Zettelwirtschaft statt elektronischer Abrechnung ermöglicht es, das System zu melken. Eine Milliarde Euro Schaden pro Jahr könnte so entstehen, schätzte das Bundeskriminalamt 2016. Die Misere begann jedoch früher: Als es üblich wurde, Familien obskuren Agenturen auszuliefern, die osteuropäische Kräfte zu »günstigen Preisen« anboten. Eine angemessene Bezahlung der Pflegekräfte, ausreichend Berufsnachwuchs - diese Probleme sind seit Jahren ungelöst. Der jetzt aufgedeckte massenhafte Betrug auf diesem Feld ist nur eine der Folgen dauernder Ignoranz in diesem Bereich.

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