Krieg und Frieden im Kinderzimmer
Mecklenburg-Vorpommern: Im Spielzeugmuseum Peenemünde wird am Wochenende eine neue Ausstellung eröffnet
Am 10. Juni erlebt Peenemünde, der geschichtsträchtige Ort auf der Insel Usedom im Osten Mecklenburg-Vorpommerns, eine Premiere besonderer Art. Der Suhler Maler und Bildhauer Herbert König und Museumsleiter Ehrhard Diller eröffnen in dem 2005 von Diller gegründeten Spielzeugmuseum die Kunstausstellung: »Die Schrecken des Krieges« im Rahmen des Themas »Krieg und Frieden im Kinderzimmer«. Mit lebensgroßen Figuren, Möbeln aus mehreren Jahrhunderten, nunmehr 30 000 Objekten mausert sich das Spielzeugmuseum zu einem Spiel-, Kunst- und Geschichtsmuseum mit 300 Quadratmetern zusätzlicher Ausstellungsfläche und weiteren 1000 Quadratmetern im Außenbereich.
Der Bildhauer Herbert König ist sich nicht zu schade, für sein Hobby, die Sammlung alten Spielzeugs, auf Sperrmüllhaufen herumzusteigen oder bei Haushaltsauflösungen in Dachböden zu stöbern. Die Dinge, die er dort findet und oft selbst repariert, sind für ihn nicht namenlos - alle haben eine eigene Geschichte.
Diller hatte schon vor Jahren mit König die Idee diskutiert, neben dem V2-Raketen-Museum in Peenemünde ein Spielzeugmuseum zu gründen. Er stürzte sich mit wahrer Bauwut darauf, neben der museal dokumentierten traurigen Vergangenheit Peenemündes ein Symbol der Zukunft zu schaffen. 2004 entschloss sich König dann, den Großteil seiner Spielzeugsammlung dem Museum an der Ostsee zur Verfügung zu stellen. Man startete mit Spielzeug aus DDR-Zeiten: Sandmännchen und Schnatterinchen waren stets präsent, viele Besucher erkannten Dinge aus dem eigenen Spielzimmer.
Doch die Ansprüche der Gründerväter wuchsen, die bauliche Hülle wurde zu klein, und Diller begann anzubauen. Er investierte, was er konnte, ging an seine körperlichen und wirtschaftlichen Grenzen. Nicht alles klappte sofort, die Ausstellungsräume mit den Vitrinen, das historische Klassenzimmer aus wilhelminischer Zeit kosteten Kraft und Nerven.
Auch galt es, Tausende von Indianerfiguren im geschichtlichen Zusammenhang zu positionieren. Kerstin Groeber, eine Schriftstellerin aus Bayern, die zur Buchmesse in Leipzig einen neuen historischen Indianerroman präsentierte, war von der Darstellung im Museum begeistert, wechselte Mails mit indianischen Freunden verschiedener Stämme - und fand offene Ohren. Derzeit reist nun Mitch Walking Elk, Medizinmann der Dakota und begnadeter Countrysänger, durch Deutschland. Er wird in Peenemünde gemeinsam mit einem der besten indianischen Gitarristen, Wade Fernandez vom Stamm der Menomie, ein Programm bieten. Fernandez präsentiert neben typischer indianischer Musik auch Songs von Jimmy Hendrix, Mark Knopfler oder Eric Clapton. Mitch Walking Elk und Fernandez werden am 9. Juni auf der Freifläche vor dem Museum auftreten.
Natürlich stehen auch Politiker und Kulturverantwortliche auf der Einladungsliste für den 10. Juni, geht es doch um die Frage: »Was bestimmt die kindliche Spielwelt - Frieden oder Krieg?« Von König geschaffene Märchenfiguren wie Schneewittchen in Lebensgröße gehören seit Jahren zum Spielzeugmuseum Peenemünde. Doch betritt man am 10. Juni die neuen Räume der oberen Etage, findet man sich in einer künstlerisch-geschichtlichen Auseinandersetzung mit dem Krieg wieder.
Gezeigt werden Kriegsspielzeug und diverse Objekte aus der Kriegsmaschinerie, die Simplifizierung des Krieges für Kinder und Jugendliche wird schmerzlich erlebbar. Ein Trümmerberg aus Spielzeugwaren deutet die Konsequenz an. Auch selbst gefertigte Plastiken, einige Selbstbildnisse des Künstlers, werden zu Bezugsobjekten des Betrachters. Wächterfiguren aus Holz und Metall eröffnen und beenden den Rundgang und geben dem Ganzen die Assoziation einer archäologischen Ausgrabung - was die Ausstellung, psychologisch gesehen, auch sein soll.
Die Schau mit dem aktuellen Weltgeschehen zu verbinden, überlassen die Gestalter dem Interesse und der Empathie der Besucher. Dieser Ausstellungsbereich ist weniger für kleinere Kinder, sondern für Erwachsene und Jugendliche gedacht, die die künstlerischen Aussagen Königs auch einzuordnen in der Lage sind.
Weitere Informationen im Internet unter: www.usedom-spielzeugmuseum.de
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