Callenberg - ein Fall für die Bundesopiumstelle

Im sächsischen Kreis Zwickau baut ein Landwirt auf 130 Hektar Mohn an - das große Geld bringt das nicht, sagt er

  • Claudia Drescher, Callenberg
  • Lesedauer: 3 Min.

Fast endlos erstreckt sich die lilafarbene Blütenpracht des Wintermohns. Immer wieder fahren Autofahrer kurz rechts an, zücken Smartphone oder Kamera, um das blühende Mohnfeld in Callenberg in der Nähe von Waldenburg zu fotografieren. Auf 130 Hektar baut Landwirt Stephan Stiegler im sächsischen Landkreis Zwickau mit seiner Familie Mohn an. »In Deutschland gibt es laut Bundesopiumstelle etwa 200 Hektar Anbaufläche«, sagt der 66-Jährige.

Der Anbau in Deutschland wird von der Bundesopiumstelle am Bonner Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte streng kontrolliert. Erlaubt sind nur Sorten, die quasi kein Morphin enthalten. Verboten ist sogenannter Schlafmohn, aus dem Rauschgift gewonnen werden kann.

Mit seinen zwölf Feldern in Westsachsen liefert Stiegler rund die Hälfte der 300 Tonnen Backmohn, die bundesweit pro Jahr produziert werden. Verzehrt werden seinen Angaben zufolge jährlich aber etwa 6000 Tonnen. Vor allem bei Kuchen, Brötchen und anderen Süßspeisen wie Eis kommen die kleinen grau- oder blauschwarzen Körner zum Einsatz.

Der Großteil des hierzulande eingesetzten Backmohns muss demnach importiert werden, unter anderem aus Afghanistan, der Türkei und Tschechien. »Allein im Nachbarland werden nach meinen Erkenntnissen etwa 20 000 Hektar Mohn angebaut«, sagt der studierte Landwirt.

In Deutschland sei der Mohnanbau eher in Vergessenheit geraten, erklärt Stiegler weiter. Mohn sei ein Nischenprodukt. Das bestätigt auch das Landwirtschaftsministerium in Dresden. Im vergangenen Jahr seien es sachsenweit nur drei Betriebe mit einer Anbaufläche von 104 Hektar gewesen, sagt ein Sprecher. Dem stehen mehr als 5000 Betriebe und insgesamt rund 900 000 Hektar landwirtschaftliche Fläche im Freistaat gegenüber. In diesem Jahr sind es fünf Agrarfirmen, die Mohn auf Sachsens Felder bringen.

In der Auflistung des Statistischen Bundesamtes spielt Mohn gar keine sichtbare Rolle: Die Kultur wird in der Position »Andere Ölfrüchte zur Körnergewinnung« unter anderem mit Senf und Meerkohl geführt. Demnach stehen solche Seltenheiten auf gerade einmal 5200 Hektar in ganz Deutschland.

»Das große Geld lässt sich mit Mohn sicher nicht verdienen«, sagt Stiegler und lacht. Pro Kapsel ernte er rund fünf Gramm Mohnkörner - dem gegenüber stünden zwei Euro Verkaufspreis pro Kilo. Er sei vor fünf Jahren durch einen Artikel in einer Fachzeitschrift auf den Mohn gekommen, aus rein ackerbaulichen Gründen. Um die Fruchtbarkeit seiner Felder zu erhalten, sei ihm eine vielfältige Fruchtfolge wichtig. Außer Mohn, der etwa ein Zehntel der Anbaufläche und des Betriebsergebnisses ausmache, baut das siebenköpfige Familienunternehmen Weizen, Zuckerrüben, Raps, Erdbeeren und Rotklee zur Saatgutproduktion an.

Um die Mohnernte zu reinigen, hat Stiegler in eine entsprechende Anlage rund 100 000 Euro investiert. Aktuell weitet das Unternehmen zudem die Lagerkapazitäten für Mohn aus. Beliefert werde vor allem der Großhandel, aber auch regionale Bäcker bezögen Mohn von ihm. Trotz des kalten und nassen Frühjahrs erwartet Stiegler eine gute Ernte zumindest beim Wintermohn, der ab Ende Juli von den Feldern geholt wird.

Beim Sommermohn, den sie aufgrund der schlechten Witterungsbedingungen in diesem Jahr teilweise zwei Mal aussäen mussten, müsse man abwarten. »Das ist ein bisschen wie Monopoly spielen.« Wenn es zu viel in die Blütenpracht hineinregne, fallen die empfindlichen Blütenblätter einfach ab und die Mohnkapseln könnten nicht richtig ausreifen.

Noch rund zwei Wochen erstrahlt der Wintermohn in sattem Lila, bevor sich Ende des Monats die rosafarbenen Blüten des Sommermohns öffnen. Mohnkuchen sei nicht sein Lieblingskuchen, verrät der Mohnbauer. Aber die Schönheit des Blumenmeers habe es auch ihm angetan. dpa/nd

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