Moralminister ohne Moral

Guido Speckmann über Macrons Gesetz für mehr Anstand in der Politik

  • Guido Speckmann
  • Lesedauer: 1 Min.

Von einem Politiker, der Moral per Gesetz verordnen will, sollte anzunehmen sein, dass er selbst im Besitz von Anstand ist. François Bayrou, Frankreichs neuer Justizminister und Vorsitzender der Zentrumspartei MoDem, hatte ein Gesetz zur »Moralisierung des öffentlichen Lebens« zur Bedingung für die Unterstützung von Präsident Macron gemacht. Das »Saubermann«-Gesetz wurde am Mittwoch vom französischen Kabinett auf den Weg gebracht - als erstes Reformvorhaben der Regierung unter Präsident Macron überhaupt. Das gibt ihm eine besondere Bedeutung.

Doch der Saubermann Bayrou ist nun selbst in das Kreuzfeuer der Kritik geraten. Bei seiner Partei soll es Scheinbeschäftigungen gegeben haben, auch die Privatsekretärin des Justizministers soll involviert sein. Exakt das also, was das neue Gesetz verhindern soll. Der Minister weist alle Vorwürfe zurück, ähnlich wie übrigens sein Kabinettskollege Ferrand. Gegen letzteren und gegen MoDem-Abgeordnete laufen bereits Vorermittlungen. Damit nicht genug. Bayrou schmeckten die Zeitungsberichte gar nicht. Er griff zum Hörer und beschwerte sich. Natürlich nur als Bürger, sagt er. Journalistenvereinigungen fragen stattdessen: Hat die neue Regierung ein Problem mit der Pressefreiheit? Könnte sein. Fest steht zumindest: Der »Moral«minister hat ein Problem mit dem Anstand.

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