Das Herz des Prinzenbades

Die Kundschaft in der Cafeteria des Sommerbades Kreuzberg ist so kunterbunt wie der Kiez

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.

Über 63 Hallen-, Frei- und Sommerbäder verfügen die Berliner Bäder-Betriebe (BBB). Da gibt es historische Kleinode wie das Stadtbad Neukölln bis hin zum letzten neu gebauten modernen Bad, der einst für eine Olympiabewerbung errichteten Schwimm- und Sprunghalle im Europasportpark (SSE) in Prenzlauer Berg, in der noch bis zu diesem Sonntag die Deutschen Schwimmmeisterschaften stattfinden. Abseits der Großveranstaltungen sind Schwimmbäder soziale Orte, in denen sich das »kleine« Leben auch der anliegenden Kieze widerspiegelt. Auf die Suche nach Beckenrandgeschichten wollen sich verschiedene nd-Autorinnen und -Autoren in den kommenden Wochen und Monaten begeben.

Eines der bekanntesten Schwimmbäder Berlins liegt in Kreuzberg am Landwehrkanal: das Prinzenbad. Über das bei den Bäderbetrieben unter dem Namen »Sommerbad Kreuzberg« laufende Freibad gibt es mehrere Filme, unter anderem die bekannte Dokumentation »Prinzessinnenbad« von Bettina Blümner. Das Buch zum Schwimmbad mit allen Details hat Matthias Oloew 2006 (»Prinzenbad. 50 Jahre Eintauchen in Kreuzberg«) geschrieben. Oloew ist seit vielen Jahren Pressesprecher der Berliner Bäder-Betriebe, jenem Landesunternehmen, das derzeit mit Problemen wie Besucherrückgang, Sanierungsstau und Personalmangel zu kämpfen hat und dessen Standardtarif von 5,50 Euro immer wieder als zu teuer in der Kritik steht.

Im Sommer, wenn es richtig heiß ist, kommen zwischen 8000 und 10 000 Menschen am Tag ins Prinzenbad. Dann ist das Gelände mit seinen drei großen Becken und den Liegewiesen in der Nähe der Hochbahnstrecke der U 1 und des Landwehrkanals rappelvoll. Auf solche Tage freuen sich - trotz des damit verbundenen großen Stresses - Dagmar Keuenhof und Mathias Kutscha.

Die Gastronomen »Daggy« und »Matze«, wie die beiden bei den Stammgästen heißen, haben die Cafeteria im Prinzenbad gepachtet. In diesem Sommer feiern sie die zehnte Saison. Dass die beiden, die im Winter gerne Fernreisen in den heißen Süden unternehmen, die Cafeteria seinerzeit übernommen haben, war Zufall. Der vorherige Pächter hatte sich einfach aus dem Staub gemacht. Keuenhof und Kutscha mussten von einem Tag auf den anderen einspringen: Vom Angestellten zum Geschäftsführer von jetzt auf gleich.

Bei heißem Wetter brummt ihr Geschäft besonders. Dann müssen sie auf »TK« zurückgreifen - »Tiefkühlkost«. Neben ordinären »Pommes rot-weiß« gibt es aber ansonsten vor allem viele mit Liebe gemachte Speisen: selbst gebackene Kuchen aller Art, Fruchtquarks, Kekse. Legendär sind die Saisonabschluss-Partys mit Buffet im Herbst, wenn das Prinzenbad irgendwann Ende September oder Anfang Oktober seine Pforten schließt, je nachdem, wie gut das Wetter zu dieser Jahreszeit noch ist. Überhaupt ist die kleine Sonnenterrasse mit der angeschlossenen Cafeteria das Highlight, hier schlägt quasi das Herz des Prinzenbades: »Betreutes Essen« bieten sie, sagen die beiden Pächter schmunzelnd. Soll heißen: Hier werden Stammgäste umsorgt, und das nicht nur mit gutem Essen, sondern auch sozial.

Schon Morgens nach dem Frühschwimmen ist die Terrasse bei gutem Wetter zum Frühstücken nach dem Bahnenziehen voll. Und tatsächlich gibt es hier die Kreuzberger Mischung im besten Sinne: »Hier gibt es alle Variationen, es ist wirklich kunterbunt«, sagt Mathias Kutscha über seine verschiedenen Gäste. Eben wie der umliegende Kiez.

Den lustigsten Namen im Prinzenbad hat im Übrigen das unbeheizte Mehrzweckbecken, das einige »As- tronautenbecken« getauft haben, weil die Wassertemperaturen im Frühsommer so niedrig sind. Astronauten indes hat man auf der Terrasse noch nicht zu Gesicht bekommen.

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