Macron drängt und vergisst
Fabian Westhoven über die EU-Reformvorschläge des französischen Präsidenten
Macron, der Le-Pen-Bezwinger, hat in Brüssel und Berlin wahre Begeisterungsstürme ausgelöst. Endlich jemand, der mit explizit proeuropäischen Positionen eine Wahl gewonnen hat! Der französische Präsident wird jedoch aufpassen müssen, dass es nicht bald heißt: »Der Macron hat seine Schuldigkeit getan, der Macron kann gehen.« Bereits im Wahlkampf trat er mit Ideen zur Reform der Eurozone an die Öffentlichkeit. Jetzt hat er seine wirtschaftspolitischen Forderungen zur Vertiefung der EU-Integration in Gesprächen mit europäischen Journalisten bekräftigt.
Das ist an sich gut, denn eine Reform der Eurozone ist zweifelsohne nötig. Auch Macrons Forderung nach einem eigenen EU-Budget und einem EU-Finanzminister könnten in eine richtige Richtung weisen. Mehr aber auch nicht. Und selbst das wird in der austeritätsversessenen, exportorientierten heimlichen Hauptstadt Europas, in Berlin, skeptisch gesehen. Man sollte sich nicht davon täuschen lassen, dass sich Kanzlerin Merkel jüngst prinzipiell offen für Macrons Vorschläge zeigte. Sie will den Franzosen stützen - bis er seine an die Agenda 2010 erinnernde Arbeitsmarktreform per Dekret durchgebracht hat. Bezeichnend ist auch, was Macron nicht erneuerte: die Kritik an den deutschen Exportüberschüssen. Diese freilich wäre nötig, um etwas gegen die Ungleichgewichte in der Eurozone zu tun.
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