Schatten des Terrors über Marawi

Philippinen wollen mit Nachbarn eine Front gegen radikalislamische Gruppen im Süden des Landes bilden

  • Thomas Berger
  • Lesedauer: 3 Min.

Während auf den der philippinischen Südinsel Mindanao der Kampf zur Rückeroberung der Provinzstadt Marawi läuft und mittlerweile eine zweite radikalislamische Gruppe Orte überfallen hat, erfolgt auf politischer Ebene der Schulterschluss mit den Nachbarn gegen die gemeinsame Gefahr. Philippinen, Indonesien und Malaysia wollen in der Terrorbekämpfung kooperieren. Die teilweise Hilflosigkeit der philippinischen Regierung, das Problem im Landessüden so schnell wie anfangs behauptet wieder in den Griff zu bekommen, zeigt sich in einer Äußerung von Präsident Rodrigo Duterte. Notfalls werde man Marawi mit einem Bombenteppich belegen. »Wir werden diesen Ort plattmachen und ich werde die Verantwortung dafür übernehmen«, so der für seine martialische Wortwahl bekannte Staatschef.

Indirekt ist es das Eingeständnis, dass den offenbar mehrere Hunderte Maute-Rebellen, die in den letzten Maitagen Teile von Marawi unter ihre Kontrolle gebracht hatten, am Boden derzeit kaum beizukommen ist, ohne größere Verluste zu riskieren. Die Kämpfe der Armee mit den Radikalislamisten dieser bisher kaum näher bekannten Gruppierung gehen mittlerweile in die fünfte Woche. Duterte hatte über die gesamte Insel das Kriegsrecht verhängt - ein Schritt, für den er die Bevölkerung jetzt noch einmal um Verständnis bat.

Mindanao und die angrenzenden kleineren Inseln sind anders als der katholisch dominierte Rest des Landes in Teilen muslimisch geprägt. Und sie sind ein Hotspot islamisch-terroristischer Umtriebe in ganz Südostasien. Im Westen am bekanntesten ist die Gruppe Abu Sayyaf, die bereits seit etlichen Jahren immer wieder für Schreckensmeldungen sorgt und vor allem durch ihre Geiselnahmen ein Horrorimage aufgebaut hat. So wurde von den Terroristen, die erst dem Al-Qaida-Netzwerk nahestanden und deren Loyalität inzwischen dem Islamischen Staat (IS) gilt, auch ein deutsches Seglerehepaar ermordet.

Fast all diese radikalen Gruppierungen sind Abspaltungen und Splitter der beiden großen traditionellen Separatistengruppen. Während die Moro Islamische Befreiungsfront (MILF) und die noch ältere MNLF auf einen Dialogkurs mit der Regierung eingeschwenkt sind, haben sich immer wieder fundamentalistische Einheiten losgesagt, um ihren eigenen Krieg gegen die Zentralmacht fortzuführen. Die Maute-Rebellen sind dabei eine neue Erscheinung. Schon etwas länger aktiv sind die Bangsamoro-Freiheitskämpfer (BIFF), die in der Vorwoche mit dem Überfall auf mehrere Siedlungen in der Provinz Cotabato eine neue Front eröffneten.

Allein ist diesen Netzwerken nicht beizukommen, weiß die Regierung in Manila. Seit Tagen laufen deshalb massive diplomatische Bemühungen, ein Antiterror-Bündnis im insularen Teil Südostasiens zu schmieden. Duterte telefonierte mit seinem indonesischen Amtskollegen Joko Widodo alias Jokowi, dann kamen die Außenminister der Philippinen, Indonesiens und Malaysias zu einem Treffen in Manila zusammen. Die beiden Nachbarn haben parallel schon mit verstärkten Patrouillen der Grenzgewässer begonnen - dies soll nun institutionalisiert und ausgebaut werden. Denn bisher können die Extremisten relativ ungestört von ihren Rückzugsbasen auf kleineren Inseln schnell in die Umgebung, auch grenzüberschreitend, ausschwärmen und Angriffe verüben. Auch Singapur und Brunei wollen ihre Sicherheitsmaßnahmen erhöhen und mit den Nachbarnationen zusammenwirken.

Im Fall der Maute-Gruppe in Marawi ist aus philippinischen Regierungskreisen zu vernehmen, dass die Rebellen dort womöglich schon vor mehr als einem Jahr begonnen hätten, geheime Waffen- und Munitionsdepots in der Stadt anzulegen, die sie bei den aktuellen Kämpfen nutzen. Die BIFF hinterließ in den von ihr bedrängten Orten auf Häuserwänden direkte Todesdrohungen gegen Duterte. Zugleich wollten sie auch die Metropole Davao ins Visier nehmen. Dort war der heutige Präsident bis zum seinem Aufstieg ins höchste Staatsamt 2016 rund 20 Jahre Bürgermeister. Er ist der erste Staatschef, der selbst von Mindanao stammt. Die Hoffnung, dass gerade er die diversen dort brodelnden Konflikte lösen könnte, ist mit den jüngsten Auseinandersetzungen geschrumpft.

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