Auf der Suche nach dem Triple-Win

Globales Forum berät in Berlin über Vertrag, der Migration zum Nutzen aller regelt

  • Martin Ling
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Anspruch ist ehrgeizig: Bis zum Januar 2018 soll der Rohentwurf für den »Global Compact on Migration« auf dem Tisch liegen - nicht weniger als ein globaler Gesellschaftsvertrag für eine sichere, geordnete und reguläre Migration. Der Haken: Das Werk wird auf unverbindlicher und somit nicht einklagbarer Basis erstellt.

Was unter dem damaligen UNO-Generalsekretär Kofi Annan 2006 seinen Anfang nahm, soll durch den »Global Compact on Migration« in eine Form gegossen worden. Annan rief das Global Forum on Migration and Development (GFMD) ins Leben, um die globale Migration unter Einbezug der Expertise aus der Zivilgesellschaft zu gestalten und unter der Prämisse: Migration ist summa summarum positiv. Rund 250 Millionen Menschen leben derzeit nach Schätzungen der Vereinten Nationen in einem anderen Land als dem ihrer Geburt, der Anteil der Migranten an der Weltbevölkerung ist dabei in den vergangenen Jahren relativ konstant geblieben und das, obwohl die Zahl der über Ländergrenzen in die Flucht Getriebenen in diesem Zeitraum zugenommen hat.

Seit dem 28. Juni und noch bis zum 1. Juli 2017 läuft das turnusmäßige alljährliche Treffen des GFMD in Berlin. Deutschland teilt sich derzeit mit Marokko den Vorsitz, kommendes Jahr soll das Treffen in dem nordafrikanischen Land stattfinden. Wenn alles glatt läuft: Dass der marokkanische Außenminister Nasser Bourita, der die Konferenz eigentlich zusammen mit seinem deutschen Konterpart Sigmar Gabriel hätte eröffnen sollen, entschuldigt fern blieb, wirft ein Schlaglicht auf Gründe für Migration: Das Königreich wird seit Monaten von einer innenpolitischen Krise erschüttert, weil sich junge Menschen in ländlichen Regionen vom Staat vernachlässigt fühlen. Auch aus verarmten Gegenden Marokkos waren in den vergangenen Jahren Tausende mit Schleppern nach Europa gekommen. Marokko ist zudem Transit- und Zielland von Migranten aus anderen afrikanischen Staaten.

Sigmar Gabriel machte sich auf der Konferenz erneut für ein Einwanderungsgesetz stark und betonte, dass Abschottung nicht die Lösung für Fluchtursachen sein könne. Angesichts der niedrigen Geburtenrate in Deutschland könne Zuwanderung »durchaus auch im wirtschaftlichen Eigeninteresse« sein, meinte der SPD-Politiker.

Dass die Diskussion im GFMD derzeit weniger menschenrechtsbasiert als vielmehr sehr auf ökonomischen Mehrwert ausgerichtet ist, kritisiert Sophia Wirsching. Aus der Sicht der Referentin für Migration und Entwicklung bei Brot für die Welt müsste der »Global Compact on Migration« auf eine »Triple-Win-Migration« abzielen, von der Ziel- und Herkunftsländer ebenso wie Migranten profitierten. In Sicht ist das nicht, auch wenn Gabriel verkündete, es brauche klare Vereinbarungen, die die Interessen aller in den Blick nähmen. Bis zur Realisierung der migrantischen Forderung »Nichts über uns, ohne uns« ist es noch ein weiter Weg.

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