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Die dunkle Champagne

tom auf tour

  • Lesedauer: 2 Min.

Das sechste Teilstück zwischen Vesoul und Troyes hatte es in sich. Sportlich war alles klar, Sprintfinale auf einer Flachetappe. Am Straßenrand spielte sich aber eine ganze Menge ab. Menschen etwa, die sich in die Uniformen der Sturmtruppler aus dem »Krieg der Sterne« geworfen hatten, standen auf der Grasnarbe neben dem Asphalt und wirkten sehr martialisch. Angeführt wurden sie natürlich vom Ritter der Finsternis: Darth Vader.

Das war nur wenige Kilometer vor dem Ort, für den französische Kernkraftgegner eine Blockierung der Tour de France angekündigt hatten - ganz in der Tradition der Gewerkschaften, die in den 70er Jahren immer mal wieder den Radsportzirkus aufgehalten hatten, um auf ihre Kämpfe hinzuweisen. Hintergrund der Proteste sind zwei Atommüllendlager, etwa 15 und 50 Kilometer von der Strecke entfernt. Sie stellen das dunkle Gesicht der Champagne dar. Deshalb stoßen die Atomkraftgegner immer wieder auf Resonanz. Auch deutsche Aktivisten beteiligen sich an den Protesten: Sie befürchten, dass auch radioaktives Material aus Deutschland dort hingebracht werden könnte.

Als die Werbekarawane der Tour durch die Ortschaft Bar sur Aube fuhr, für die der Protest avisiert war, war von Atomkraftgegnern aber nichts zu sehen. Auch als das Peloton selbst etwa zwei Stunden später den Ort passierte, gab es keine Zwischenfälle. Nachfragen von »nd« bei den Organisatoren des Protests ergaben: Es konnten nicht genug Menschen mobilisiert werden. »Wir hätten mindestens 400 Leute sein müssen, aber so viele waren wir nicht«, sagte Michel Gueritte.

Das ist schade. Denn so blieb die Radsportblase, die sich durch Frankreich schiebt, weiter unberührt von den Konflikten, die ringsum ihren Parcours das Land prägen. Die Tour konnte erneut ein Frankreich der strahlenden Sieger, der lachenden Hostessen und der lokalen Politprominenz auf der Bühne zeigen - ein Frankreich der Wenigen, ein inszeniertes Land.

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