Immer wieder Aufbruch

Werke von Edmund Kesting in der Galerie der Berliner Gaphikpresse

  • H. D. Gölzenleuchter
  • Lesedauer: 3 Min.

Edmund Kesting, der 1882 in Dresden zur Welt kam und 1970 in Birkenwerder bei Berlin verstarb, war ein Künstler, der sich auf einmal erarbeiteten Positionen, formal wie inhaltlich, nicht ausruhte. Stattdessen machte er sich fortwährend experimentierend, ausprobierend, nachdenkend auf die Suche nach neuen gestalterischen Ausdrucksformen. Nur so konnte er mit seiner Kunst auf gesellschaftliche Auf- und Umbrüche reagieren. Er nahm die Dinge selbst in die Hand und war ständig dabei, sich auf den Weg zu machen.

Noch als Student gründete Kesting in Dresden eine eigene Kunstschule mit neuen künstlerischen, pädagogischen, auch philosophischen Ansätzen. Er nannte sie »Der Weg«. Ins Programm der Schule schrieb er: »Gewaltige Ereignisse heben die alte Welt aus ihren Angeln.« 1926 wurde dann auch in Berlin die Weg-Schule gegründet, bereits 1933 jedoch von den Nationalsozialisten wieder aufgelöst. 1936 erhielt Kesting Mal- und Ausstellungsverbot, seine Arbeiten wurden als entartet aus Museen entfernt. Als Gebäudefotograf konnte er die Nazizeit ökonomisch überstehen.

1946 dann bekam er den Ruf an die Akademie für Werkkunst in Dresden. Dort war er Leiter der Lehrwerkstatt »Photographie und Film«, wurde aber nach nur einem Jahr wieder entlassen. Auch die Leitung der Fachklasse für Fotografie an der Hochschule in Berlin-Weißensee, die er 1948 angetreten hatte, wurde ihm nach fünf Jahren wieder entzogen. Es war für ihn eine Zeit des Heuerns und Feuerns: Die Formalismuskeule schlug zu.

1955 wurde Kesting an die Hochschule für Film und Fernsehen in Potsdam-Babelsberg berufen. Ein Jahr nach seiner Emeritierung begann er 1961 mit dem Bau seines Sommer-Atelierhauses in Ahrenshoop. Es sollte sein kreativer Rückzugsort werden. Nicht wenige Werke der Ausstellung, die jetzt in der Friedrichshainer Galerie der Berliner Graphikpresse zu sehen sind, zeugen davon. 58 Arbeiten - Ölgemälde, Aquarelle, Holzschnitte, Fotografien, Zeichnungen - sind dort unter dem Titel »Edmund Kesting - von Dresden bis Ahrenshoop« zu entdecken.

Die Ausstellung macht deutlich, dass der Künstler, trotz seiner Experimentierfreudigkeit, die bis hin zu den Bildfindungen des Informel reicht, immer von der Natur ausging. Realität war für ihn jedoch auch dann Realität, wenn nur der Blick durch das Mikroskop sie sichtbar macht. Ein Mikrokosmos in unerschöpflicher Formenvielfalt tut sich da auf. Werke wie »Farbige Wogen« (1950) machen das augenfällig.

Die älteste Arbeit der Ausstellung ist eine Porträtzeichnung seiner Großmutter. Auch frühe Holzschnitte sind zu betrachten, die den Einfluss des Expressionismus auf Kestings Arbeiten belegen. Dazwischen etwas konventionelle Zeichenstudien wie »Schlossplatz Dresden« aus den 1930er Jahren und beeindruckende, stets doppelt belichtete Porträtfotografien etwa von Paul Dessau, Arnold Zweig, Heinrich Ehmsen. Träumerische poetische Bilder vom Bäumen, Wäldern und Landschaften runden die Werkschau ab.

»Edmund Kesting - von Dresden bis Ahrenshoop«, bis zum 21. Juli, Galerie der Berliner Graphikpresse, Silvio-Meier-Str. 6, Friedrichshain.

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