EU-Staaten uneins über Gentechsoja

Kommission muss nun entscheiden

  • Haidy Damm
  • Lesedauer: 3 Min.

Wieder mal ist am Ende die EU-Kommission gefragt: Bei einer Abstimmung am Mittwoch in Brüssel fand das zuständige Gremium der Mitgliedstaaten, der Ständige Ausschuss, keine qualifizierte Mehrheit für oder gegen die Importerlaubnis von gentechnisch manipuliertem Soja der Hersteller Bayer und Dow AgroSciences. Deutschland hat sich laut EU-Kreisen im Ausschuss enthalten. Entscheiden muss nun die Kommission.

Die neuen Sorten sollen in den USA und Lateinamerika angebaut werden. Dort wächst immer mehr Unkraut, das gegen das Herbizid Glyphosat resistent ist. Die beantragten gentechnisch veränderten Sojasorten können mit einer Mischung der Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat, Isoxaflutol sowie Glufosinat gespritzt werden. Damit die Landwirte die Sojabohnen nach Europa exportieren dürfen, braucht es eine Zulassung.

»Diese Soja steht für eine Entwicklung, die zulasten der Umwelt geht und zu neuen gesundheitlichen Risiken führt«, erklärt Christoph Then für die gentechnischkritische Organisation Testbiotech. »Konzerne wie Bayer, Monsanto und Dow machen ihre patentierten Gentechniksaaten gegen immer mehr Spritzmittel und höhere Dosierungen der Herbizide resistent. Das Wettrüsten auf dem Acker führt dazu, dass auch die Ernte zunehmend mit Rückständen belastet ist.«

Der Umweltausschuss des Europaparlaments, der am Dienstag gegen die Importerlaubnis gestimmt hatte, forderte eine Untersuchung der Rückstände der Herbizide, die mit den Sojabohnen in die Nahrungskette gelangen können. Das hatte die EU-Lebensmittelbehörde EFSA nicht getan, die sich in ihrer Stellungnahme für eine Importzulassung aussprach. »Die Risikobewertung der EFSA sieht eine Prüfung derartiger Kombinationswirkungen gar nicht vor«, erklärte der Grünen-Europaabgeordnete Martin Häusling.

Die Sorte »DAS-68416-4« des US-Konzerns Dow Agrosciences wurde laut dem Informationsdienst Gentechnik so verändert, dass sie gegen die Herbizide 2,4-D und Glufosinat resistent ist. 2,4-D (Dichlorphenoxyessigsäure) war bereits Bestandteil des Entlaubungsmittels Agent Orange, das die Amerikaner im Vietnamkrieg einsetzten. 2014 hatte das Pestizid-Aktionsnetzwerk (PAN) in einem Bericht festgestellt, dass »unabhängige Studien Hinweise darauf liefern, dass der Wirkstoff Geburtsschäden und Erbgutveränderungen verursachen sowie hormonell wirksam sein kann«. Für den von Bayer entwickelten Wirkstoff Glufosinat läuft die EU-Zulassung im Juli 2018 aus. Bis dahin ist der Einsatz stark beschränkt, weil Glufosinat giftig ist und menschliche Embryos schädigen kann.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Mitgliedstaaten bei »sensiblen Produkten« keine qualifizierte Mehrheit zustande bringen. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte im September beklagt, dass seiner Behörde von den Mitgliedstaaten häufig umstrittene Beschlüsse zugeschoben werde. Nach Angaben der Kommission war diese 2015 und 2016 verpflichtet, in 17 Fällen Rechtsakte zu erlassen, weil es keine klare Position der Mitgliedstaaten gab.

Am 19. und 20. Juli beraten die EU-Länder zudem über die Verlängerung der Zulassung des umstrittenen Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat. Auch hier ist die Bundesregierung geteilter Meinung, eine Abstimmung innerhalb der Großen Koalition ist für die kommenden Tage geplant. Allerdings wird eine Entscheidung nicht vor September erwartet. Die Kommission hat eine Verlängerung um zehn Jahre vorgeschlagen.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal