Zauberhaftes St. Wendel

Magisches Familienfest am ersten Augustwochenende in der saarländischen Kreisstadt

  • Jörg Fischer, St. Wendel
  • Lesedauer: 4 Min.

Das Festival »Zauberhaftes St. Wendel« ist eine Art Familientreffen. Jedes Jahr kommen in der saarländischen Kreisstadt Straßenzauberer aus aller Welt zusammen. Auch Zuschauer aus anderen Teilen Deutschlands und Europa reisen immer wieder an.

Das »Zauberhafte St. Wendel« geht am ersten Augustwochenende bereits zum 17. Mal über die Bühne. Eigentlich ist die Idee aus Österreich »geklaut«. 1998 brachte sie der St. Wendler Georg Lauer aus dem Vorarlberger Städtchen Bludenz mit, präsentierte Langzeit-Bürgermeister Klaus Bouillon ein Konzept. Der sagte »mache ma« und im gleichen Jahr gab es einen ersten Probelauf.

Heute ist der »internationale Wettbewerb der Straßenzauberer« nicht nur fester Bestandteil im Terminkalender der Stadt. »Ich komme immer wieder«, schwärmt etwa Tobi van Deisner. Der durch seine Fernsehauftritte mit Ballons bekannte Kleinkünstler ist einer der magischen Stammgäste in St. Wendel.

Auch Altmagier Ted McCoy aus Schottland will in diesem Jahr wieder mit dabei sein. Andere reisen aus aller Welt an. Diesmal sind mehrere Akteure aus Südamerika am Start. Neben dem Sieger von 2011, »Brando y Silvana« (Argentinien), gehören deren Landsleute »Deux a la tache« und Eitis Magia, Flash Gonzalez (Chile) und Funnykito (Brasilien) dazu.

Den weitesten Weg hat wohl wieder Kamimaro. Der Japaner ist schon zum dritten Mal dabei. Mit seiner poetischen Show, an deren Ende er eine Papierrose in der Luft schweben lässt, zog er schon in den beiden vergangenen Jahren die Zuschauer vor der St. Wendler Basilika und an zwei weiteren Plätzen in der Altstadt in seinen Bann.

Zauberprofis bewerten die Auftritte und am Samstagabend werden bei einer Gala die Sieger gekürt. Dabei geht es - klar - um die Tricks. Die stehen bei der Straßenzauberei aber nicht im Vordergrund. »Du musst vor allem unterhalten«, weiß Tobi van Deisner. Denn im Gegensatz zu Shows im Saal muss ein Straßenzauberer die Menschen erst mal zum Stehenbleiben bewegen und dann am Ende dazu, Geld in den Hut zu werfen.

Das ist auch eines der wichtigsten Bewertungskriterien. Darin sind die meisten der weitgehend auf eigene Kosten angereisten Zauberer Profis. Die Besten kassieren an einem Wochenende in St. Wendel auf diese Art nach Angaben von Lauer schon mal bis zu 2000 Euro - und das steuerfrei.

Aber das ist für viele nicht die Hauptmotivation für die Reise nach St. Wendel. Das Treffen mit »alten Bekannten«, der Austausch von Zaubertricks und das gemeinsame Feiern locken Kleinkünstler und Familien aus nah und fern alle Jahre wieder an. »Man kennt sich, man lacht und staunt zusammen und feiert manch schöne Party«, beschreibt Organisator Lauer.

Beim »Zauberhaften St. Wendel« zählte die Polizei in den vergangenen Jahren jeweils 20 000 bis 30 000 Zuschauer. Zahlenmäßig können andere Städte zwar mit größeren Festivals aufwarten. Doch hat das Flair des Festivals in der St. Wendeler Altstadt für Magier und Zauberfans einen besonderen Reiz. »Die Atmosphäre ist einfach einmalig« freut sich Lauer, der auch andere Festivals dieser Art kennt.

In diesem Jahr will wieder eine Handvoll Stammgäste aus Belgien anreisen. Sie haben kürzlich einen Fanclub »Clique Magique« gegründet und wollen ihre Zelte auf dem kostenlosen Zauber-Campingplatz aufschlagen. In Kneipen, Cafés und im Camp können sich Akteure und Zuschauer zwanglos kennenlernen oder auch zusammen feiern. »Jeder gibt, was er hat, und so landen diverse Weine aus Spanien, Frankreich, belgisches oder saarländisches Bier, Baguette aus Frankreich, Salami und Schinken aus Spanien oder Tiramisu aus Italien auf dem Tisch«, erzählt Lauer.

Bouillon ist inzwischen zwar nicht mehr Stadtoberhaupt. Nach 31 Jahren musste der hemdsärmelige CDU-Politiker 2014 aus Altersgründen seinen Sessel räumen und ist jetzt Innenminister in Saarbrücken. Aber auch sein Nachfolger Peter Klär freut sich auf das Festival: »Die Zauberer sorgen Jahr für Jahr für ein besonderes Flair in unserer Stadt.«

Die Veranstaltung ist nicht nur die Bürger der Stadt eine Attraktion. Sie zieht auch Besucher von auswärts in die Kommune, die Hotels sind ausgebucht, Cafés und Restaurants sind voll und so mancher schließt einen Wander- oder Erholungsurlaub im Saarland an oder fährt weiter gen Süden.

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