Eine üble Geschichte

Eva Roth über den VW-Konzern und seine Anteilseigner

Es gibt einen guten Grund, warum der Staat bis heute Miteigentümer von VW ist: Volkswagen ist in den 1930er Jahren von den Nazis mit enteignetem Gewerkschaftsvermögen aufgebaut worden. Deshalb wurde das VW-Kapital nach dem Zweiten Weltkrieg in öffentlichen Besitz gegeben, deshalb haben das Land Niedersachsen und Arbeitnehmervertreter bis heute relativ viel Einfluss in dem Konzern. Diese Konstruktion hat in der Vergangenheit ungewöhnliche Lösungen ermöglicht, zum Beispiel die Vier-Tage-Woche anstelle von Massenentlassungen.

Doch im Abgasskandal kann keine Rede davon sein, dass die Politik ihrer besonderen Verantwortung bei VW gerecht wird. Die Fehler und Versäumnisse wiegen gerade wegen der besonderen Geschichte des Konzerns umso schwerer. Der Aufsichtsrat, in dem Niedersachsen vertreten ist, hat seine Kontrollfunktion nicht erfüllt. Nun ist auch noch bekannt geworden, dass Ministerpräsident Weil seine Regierungserklärung von 2015 vorab dem Konzern vorgelegt hat, angeblich, um rechtliche Belange zu prüfen. Doch was Weil sagen kann, müssen selbstverständlich die eigenen, staatlichen Juristen prüfen.

Viele Medien werden sich zu Recht über Weil empören. Für Printmedien könnte die Vorab-Vorlage der Regierungserklärung aber auch Anlass sein, sich kollektiv von einem ungeschriebenen Gesetz zu verabschieden: Hierzulande ist es üblich, Interviews vorab den Gesprächspartnern zur Autorisierung vorzulegen.

- Anzeige -

Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.

Dank Ihrer Unterstützung können wir:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln

Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.