Autokartell droht hohe Strafe

EU-Kommission und BaFin prüfen Vorwürfe

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Angesichts des Kartellverdachts gegen deutsche Autobauer hält es EU-Kommissar Günther Oettinger für denkbar, dass die EU-Kommission Strafzahlungen in Milliardenhöhe gegen die Konzerne verhängt. »In den vergangenen zehn Jahren hat die EU neun Kartellfälle mit Bezug zur Autoindustrie geahndet und Strafen von rund zehn Milliarden Euro verhängt. Das zeigt, um welche Größenordnungen es auch jetzt gehen kann«, sagte der CDU-Politiker der »Bild« (Montag).

VW, Audi, Porsche, BMW und Daimler sollen sich in einem gemeinsamen Kartell illegal über Technik, Kosten und Zulieferer abgesprochen haben. Über 200 Mitarbeiter der Unternehmen hätten sich seit den 1990er Jahren abgestimmt und so den Wettbewerb außer Kraft gesetzt.

Oettinger sagte, die Wettbewerbsbehörde nehme keine Rücksicht auf große Namen. Sie schrecke auch vor Strafen nicht zurück, »die den Unternehmen weh tun und abschrecken«. Die Untersuchung brauche aber noch einige Zeit. »Wir müssen prüfen, ob es sich um zugelassene Absprachen zur Normung gehandelt hat oder ob Vereinbarungen zu Lasten der Zulieferer und Verbraucher getroffen wurden.«

Auch die Finanzaufsichtsbehörde BaFin geht dem Kartellverdacht nach: »Wir prüfen, ob VW und/oder Daimler im Zusammenhang mit den mutmaßlichen Selbstanzeigen die Ad-hoc-Pflicht beachtet haben«, teilte die Behörde am Montag mit. BMW ist demnach nicht im Visier der Behörde. Börsennotierte Unternehmen müssen ihre Aktionäre mit Ad-Hoc-Mitteilungen über Vorgänge informieren, die den Aktienkurs erheblich beeinflussen könnten. Die Aktien der Hersteller hatten nach des Bekanntwerden des Kartellverdachts an der Börse spürbar nachgegeben. Wann mit einem Ergebnis zu rechnen ist, konnte die Sprecherin nicht sagen.

Zum Abgasskandal sagte Oettinger, es werde sich frühestens in einigen Monaten zeigen, ob die beim Dieselgipfel vereinbarten Updates der Motorensoftware ausreichten. Sonst müsse die Industrie auch mit technischem Umbau nachlegen, wenn sie Fahrverbote vermeiden wolle.

Trotz der aktuellen Diskussion über zu hohe Stickoxidwerte der Dieselmotoren will Oettinger den Diesel nicht verteufeln. Die Motoren seien erheblich effizienter als Benzinmotoren, und stießen zudem weniger Kohlendioxid aus.

Auf deutschen Straßen sind Millionen Diesel-Pkw unterwegs, die mehr Schadstoffe ausstoßen als bei Tests auf dem Prüfstand. Im Fokus steht besonders Stickoxid. Laut Umweltbundesamt reizt es die Atemwege, langfristig beeinträchtigt es die Lungen und führt zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen und vorzeitigen Todesfällen

Die EU-Kommission prüft auch Methoden, wie die Schadstoffbelastung der Luft verringert werden kann. So soll laut einem Medienbericht eine verbindliche Quote für Elektroautos im Gespräch sein. Die Behörde erwäge, den Autoherstellern ab 2025 den Anteil emissionsarmer Fahrzeuge vorzuschreiben, berichtet das »Handelsblatt« (Montag) unter Berufung auf EU-Kreise. Eine konkrete Mindestabsatzquote könnte neben schärferen Grenzwerten für den CO2-Ausstoß Teil eines Maßnahmenpakets zur klimaschonenden Mobilität werden, das die Kommission bis Jahresende vorlegen will. Eine Sprecherin der Kommission sagte allerdings am Montagnachmittag, es habe niemals irgendwelche Pläne zur Einführung einer Quote für Elektroautos gegeben. Die deutschen Autokonzerne halten Verkaufsquoten ebenfalls für den falschen Weg, wurde der deutsche Branchenverband VDA zitiert. Agenturen/nd

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