»Cassini« erwartet Todeskuss des Saturn

Nach 13 Jahren verglüht NASA-Sonde am Freitag in der Atmosphäre des Ringplaneten

  • Richard Heister, Köln
  • Lesedauer: 3 Min.

Ein riesiger Gasplanet, umgeben von sieben großen Ringen und mindestens 62 Monden - diese fremde Welt weit draußen im Sonnensystem war 13 Jahre lang Heimat der Saturnsonde »Cassini«. Die Mission zählt zu den erfolgreichsten der Raumfahrtgeschichte. Am Freitag geht »Cassini« auf Kollisionskurs mit Saturn und wird in einem kontrollierten Sturzflug in dessen Atmosphäre verglühen.

Der Grund für »Cassinis« Ende ist Treibstoffmangel, denn nach fast 20 Jahren im All gehen der NASA-Sonde die Antriebsreserven aus. Im Oktober 1997 gestartet, erreichte »Cassini« mit der europäischen Landesonde »Huygens« huckepack Anfang Juli 2004 den Saturn. Seither zog sie ihre Bahnen durch das faszinierende Saturnsystem, entdeckte neue Ringe und Monde und enthüllte viele Geheimnisse des zweitgrößten Planeten im Sonnensystem.

Ein erster Paukenschlag der erfolgreichen Planetenmission war im Januar 2005 die Landung von »Huygens« auf dem größten Saturnmond Titan. Die Messdaten der nach dem niederländischen Astronomen Christian Huygens (1629-1695) benannten und einer fliegenden Untertasse ähnelnden Landesonde offenbarten eine eisige Landschaft auf Titan mit riesigen Seen aus Methan in der Nähe der Pole. In den Folgejahren erforschte die »Cassini«-Sonde, die den Namen des französischen Astronomen Giovanni Domenico Cassini (1625-1712) trägt, nach und nach die geheimnisvolle Welt des Saturn. Dabei lieferte sie nicht nur beeindruckende Bilder der Saturnringe, sondern präsentierte den Wissenschaftlern unerwartete Forschungsergebnisse: Zu »Cassinis« spektakulärsten Entdeckungen zählt der Nachweis eines unterirdischen flüssigen Ozeans auf dem kleinen Saturnmond Enceladus.

Die Existenz flüssigen Wassers nährte die Vermutung, dass Enceladus oder auch Titan günstige Bedingungen für das Entstehen von Leben bieten könnten. Laut dem Göttinger Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) gaben diese Entdeckungen von »Cassini« auch den Ausschlag für das nun bevorstehende spektakuläre Ende der Mission - also den kontrollierten Absturz der Sonde in die Saturnatmosphäre, den die NASA »Grand Finale« nennt.

Die Alternative, die Raumsonde mit den letzten Treibstoffreserven auf eine mehr oder weniger stabile Umlaufbahn um den Saturn zu bringen, berge ein entscheidendes Risiko, so das MPS. »Durch kleine Störungen könnte die Sonde im Laufe der Zeit vom Kurs abkommen, auf einen der Monde stürzen und diesen kontaminieren.« Laut NASA sei es nämlich durchaus denkbar, dass irdische Mikroben an Bord von »Cassini« die lange Reise durchs Weltall überlebt hätten. Der Sturzflug in den Gasplaneten biete somit die sicherste Möglichkeit einer »umweltschonenden« Entsorgung der Sonde, erklärte das MPS, an dem u. a. ein Teilchendetektor von »Cassini« entwickelt wurde.

Vor dem Start von »Cassini« 1997 hatten Kritiker auf die Gefahr einer ganz anderen Kontamination hingewiesen - durch die mit radioaktivem Plutonium betriebenen Batterien an Bord der Sonde. Gegner der Mission befürchteten damals ein Unglück beim Start oder ein Verglühen von »Cassini« in der Erdatmosphäre bei einem späteren dichten Vorbeiflug der Sonde an unserem Planeten.

Doch die Mission verlief planmäßig, und schon bald trat der Streit um das Plutonium hinter die wissenschaftlichen Ziele des »Cassini/Huygens«-Projekts zurück. Nach fast zwei Jahrzehnten heißt es nun »Goodbye, Cassini«: Kurz vor 14 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit soll der Abschiedsgruß der Saturnsonde auf der Erde eintreffen. Danach wird »Cassini« für immer schweigen. AFP/nd

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