Der Islamische Staat in den Köpfen

Extremistenkinder landeten in irakischen Gefängnissen

  • Lesedauer: 2 Min.

Während sich der Islamische Staat(IS) auf dem Schlachtfeld auf dem Rückzug befindet, ist der Krieg gegen die Radikalisierung in vollem Gange: Kinder und Jugendliche wurden von der Terrororganisation in Schulen indoktriniert; in paramilitärischen Ausbildungslagern wurden Jugendliche zu Kämpfern ausgebildet. »Wenn wir verhindern wollen, dass ein Islamischer Staat 2.0 entsteht, müssen wir Wege finden, das Gedankengut zu bekämpfen«, sagte Stephen Townsend, Kommandeur der US-Truppen in Irak am Wochenende. Die Befürchtung dabei ist, dass der Islamische Staat während seiner Herrschaft die Wurzeln seiner Ideologie so tief in die Gedankenwelt von Heranwachsenden gepflanzt hat, dass die Organisation sie auch dann dazu bringen kann, Gewalttaten zu verüben, wenn der IS auf dem Schlachtfeld besiegt ist.

Eine zuverlässige Strategie dagegen gibt es bislang nicht: Der irakische Staat setzt derzeit darauf, Jugendliche, die in IS-Ausbildungslagern waren, zu inhaftieren; nach offiziellen Angaben sind derzeit mehr als 2000 Minderjährige unter 16 Jahren deshalb im Gefängnis; mehrere hundert wurden während der Offensive rund um Mossul getötet. Doch US-Militär, Menschenrechtsorganisationen und irakische Lehrerverbände warnen davor, dass die Gefängnisse zur Brutstätte für eine weitere Radikalisierung werden, die Jugendlichen auch von anderen dschihadistischen Gruppen rekrutiert werden könnten.

Zudem sind die irakischen Behörden dazu übergegangen, schon dann zu inhaftieren, wenn nur der Verdacht besteht, dass ein Jugendlicher in einem Ausbildungslager gewesen sein könnte. Und für den Verdacht braucht es nicht viel: Überall dort, wo der IS herrschte, sitzt das Misstrauen extrem tief.

Außerdem: Neben den Jugendlichen, die als Kämpfer in Erscheinung getreten sind, gibt es eine große Zahl von Minderjährigen, die über Jahre hinweg in den Schulen mit der IS-Ideologie indoktriniert wurden. Im irakischen Bildungsministerium wird deshalb schon seit Monaten darüber beraten, wie man dagegen angehen soll: »Das Problem dabei ist, dass es bislang kaum Konzepte gibt«, sagt Bildungsminister Ikbal Omar: »Zudem sind die Bedingungen extrem schwierig: Viele Schulen sind zerstört, wir haben nicht genug Lehrer, und wir müssen auch erst einmal den Lehrern selbst beibringen, wie sie das radikale Gedankengut bekämpfen können.« Hinzu kommt, dass die Jugendlichen durch die Flüchtlingsströme mittlerweile über das gesamte Land verteilt sind; man müsste also alle Lehrer in Irak darauf vorbereiten, mit Jugendlichen mit IS-Vergangenheit konfrontiert zu werden.

Oliver Eberhardt

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