Experten sollen es richten

Koalitionsfraktionen beauftragen Fachleute, Lösung für Sozialen Wohnungsbau zu finden

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

Rot-Rot-Grün kommt bei der Reform des alten Sozialen Wohnungsbaus seit Monaten nicht voran. Mehrere Entwürfe der Stadtentwicklungsverwaltung von Senatorin Katrin Lompscher (LINKE) fanden bisher nicht die Gnade der Koalitionsfraktionen von SPD, LINKEN und Grünen. »Die Diskussion gestaltet sich durchaus schwierig in der Koalition«, sagte Lompscher kürzlich. Nun soll ein Expertenkreis einen mehrheitsfähigen Reformkompromiss finden. Jeder der drei Partner entsendet je zwei Fachleute in die Runde.

Mit dabei ist auch der Stadtsoziologe und ehemalige kurzzeitige Wohn-Staatssekretär Andrej Holm, der von den Sozialisten neben Rainer Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins (BMV), benannt wurde. Für die SPD sind Volker Härtig, Mitglied der SPD-Arbeitsgruppe soziale Stadt, sowie Günter Fuderholz mit von der Partie. Für die Grünen sollen Jan Kuhnert, Geschäftsführer der landeseigenen Wohnraumversorgung Berlin (WVB), sowie Sebastian Jung von der Mieterinitiative Mieterstadt.de teilnehmen.

»Die Runde wird sehr kurzfristig einberufen«, erklärt WVB-Geschäftsführer Jan Kuhnert auf nd-Anfrage. Er hofft, dass es bis Weihnachten gelingt, einen tragfähigen Kompromiss zu entwickeln. »Dass die Koalitionsfraktionen nun Externe hinzugerufen haben heißt, dass es Divergenzen gibt«, sagt Rainer Wild vom Mieterverein.

»Wir sind auf der Zielgeraden«, sagt Linksfraktions-Wohnungsexperte Michail Nelken. »Nach langen Diskussionen gibt es verschiedene Ideen, Vorschläge und Lösungswege. Nun besteht die Möglichkeit, eine Einigung herbeizuführen – jenseits von parteipolitischen oder parteitaktischen Erwägungen«, so das Abgeordnetenhausmitglied.

»Wir hoffen auf eine rechtssichere und unseren politischen Zielen entsprechende Lösung«, sagt Iris Spranger, Mietexpertin der SPD-Fraktion. »Wenn wir Zuschüsse geben, dann sollen diese auch bei den Mieterinnen und Mietern ankommen.«

Im Kern geht es um die Frage, wie hoch die künftige Richtsatzmiete ausfallen soll, die die jetzige Kostenmiete ablösen soll. »Ziel muss es sein, dass möglichst wenige betroffene Mieter Unterstützung beantragen müssen«, sagte Andrej Holm kürzlich.

Subjektförderung nennt sich die Unterstützung auf Antrag, sie ist nicht an das Objekt, also die Wohnung, sondern an den einzelnen Mieter gebunden. »Allerdings ist auch bekannt, dass ein nicht unerheblicher Anteil der Haushalte die Subjekthilfen aus Unkenntnis oder Scham nicht in Anspruch nimmt«, heißt es im Bericht der vom Abgeordnetenhaus eingesetzten »Expertengruppe zur Reform des Sozialen Wohnungsbaus in Berlin«, der im September 2016 vorgestellt wurde. Bis auf Holm waren alle Fachleute des neuen Arbeitskreises an diesem Bericht beteiligt.

Wenn die neue Richtsatzmiete eher niedrig angesetzt wird, böte das Eigentümern von teuer gebauten Häusern Klagemöglichkeiten. Entscheidet man sich für eine höhere Miete, freut sich mancher Hausbesitzer über eine Extrarendite auf Landeskosten.

Spätestens zum 1. April 2018 soll die Reform der gesetzlichen Grundlage des alten Sozialen Wohnungsbaus in Berlin in Kraft treten, dieses Ziel hat die Stadtentwicklungssenatorin noch nicht aufgegeben. Es bleibt spannend, ob die Experten bis dahin einen Kompromiss finden werden.

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