Austritt mit Folgen

EU-Etat steht vor Umbruch

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 2 Min.

Es ist ohne Zweifel ein Schlag ins Kontor: Wenn Großbritannien die EU verlässt, verliert diese einen ihrer wichtigsten Geldgeber. 15,2 Milliarden Euro überwies das Königreich 2016 an »nationalen Eigenmitteln«, die sich an der Wirtschaftskraft des Landes bemessen, nach Brüssel - über zehn Prozent des EU-Jahresetats von 144 Milliarden Euro. Nur Deutschland gibt mit 20,6 Milliarden mehr. Und obwohl die Briten 1985 einen Rabatt aushandeln konnten, gehören sie zu den wichtigsten Nettozahlern. Es werde »ein wichtiger Partner verloren gehen«, heißt es in einem »Reflexionspapier« der EU-Kommission. Die Eigenmittel sind zusammen mit einer auf der Mehrwertsteuer basierenden Überweisung der Mitglieder mit 87 Prozent die wichtigste Einnahmequelle der EU; zwölf Prozent kommen aus Zolleinnahmen. Der Etat für die Periode 2021 bis 2027 muss also auf neue Füße gestellt werden.

In der seit 2014 laufenden Periode umfasst die Schatulle 1078 Milliarden Euro, was 0,98 Prozent der Bruttonationaleinkommen der 28 EU-Länder entspricht. Das Geld fließt zu 39 Prozent (420 Milliarden) in Landwirtschaft und Umwelt, 34 Prozent (371 Milliarden) werden für Wirtschaft, Soziales und »territorialen Zusammenhalt« ausgegeben. Hinzu kommen 13 Prozent im Bereich Wettbewerbsfähigkeit, jeweils sechs Prozent für Entwicklungshilfe und für Verwaltungskosten sowie zwei Prozent für Sicherheit und Migration. Der Anteil von EU-Strukturmitteln an den öffentlichen Gesamtinvestitionen liegt in Kroatien bei fast 80 Prozent, in Portugal bei etwa 75 Prozent und auch in Ländern wie Polen, der Slowakei oder Bulgarien bei über 50 Prozent.

Die Kommission sieht den Brexit als Anlass für eine »Grundsatzdiskussion über die Modernisierung des EU-Haushalts«, wie Kommissar Günther Oettinger in seinem Papier schreibt. So soll das System der Rabatte entfallen, und die Prioritäten sollen neu gesetzt werden. Erwogen wird, mehr Geld in die Sicherheit und Kontrolle der Außengrenzen zu stecken, in die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und den Klimaschutz. Zugleich will man »verhindern, dass sich die soziale Schere weiter öffnet«. In Abhängigkeit davon, ob die Länder mehr zahlen, neue Einnahmen erschlossen werden oder aber die nationalen Überweisungen stagnieren, entwirft das Papier fünf Szenarien von »Weiter wie bisher« bis »Radikaler Umbau«. Mit einem Etatentwurf der Kommission für die Zeit ab 2021 rechnet man frühestens für Mai 2018.

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