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  • Urteil zu Mafia-Berichterstattung

Augstein darf Reski nicht länger Fake News vorwerfen

Hamburger Landgericht gibt der Journalistin Petra Reski im Rechtsstreit gegen den Verleger Jakob Augstein Recht

  • Birgit Gärtner
  • Lesedauer: 3 Min.

Im Rechtsstreit Reski gegen Augstein ist das Urteil gesprochen. Das Landgericht Hamburg gab jetzt in weiten Teilen der in Italien lebenden Journalistin Petra Reski Recht, die gegen den Verleger Jakob Augstein auf Unterlassung geklagt hatte. Demnach darf dieser künftig nicht mehr verbreiten, oder verbreiten lassen, Reski habe die Wochenzeitung »Freitag« »getäuscht«, dabei »bewusst« Tatsachen behauptet, die ein Gericht bereits widerlegt habe, dem Blatt den Namen eines italienisch-stämmigen Geschäftsmannes »untergejubelt«, oder ihr gar vorwerfen, sie habe »Fake News« verbreitet. Das verkündete das Gericht am Freitag. Über eine Reaktion seitens der Klägerin oder des Beklagten auf das Urteil ist noch nichts bekannt.

Diese Vorwürfe hatte Augstein erhoben, nachdem Reski im »Freitag« über eine Klage eines italienischen Geschäftsmannes aus Erfurt gegen den MDR berichtet hatte. Der Geschäftsmann glaubte sich in der von dem Sender 2015 ausgestrahlten Dokumentation mit dem Titel »Provinz der Bosse - Mafia in Mitteldeutschland« in einer dort dargestellten Person wiederzuerkennen und sah sich als Mitglied der Mafia verleumdet. Das Erfurter Gericht folgte seiner Auffassung.

Über diesen Prozess berichtete Reski im Frühjahr im »Freitag« und nannte dabei sowohl den in der Dokumentation verwendeten Codenamen als auch den Klarnamen des Geschäftsmannes. Daraufhin drohte dieser der Zeitung mit Klage, weil er sich erneut als Mitglied namentlich mit der Mafia in Verbindung gebracht sah. Augstein ging auf die Forderung des Thüringers ein und entfernte dessen Namen. Der Geschäftsmann klagte daraufhin gegen Reski; die Journalistin wurde verurteilt, den Namen des Mannes künftig nicht mehr nennen zu dürfen, muss eine Geldstrafe zahlen sowie für die Prozesskosten gerade stehen.

Augstein kommentierte den Vorfall ausgiebig mit den eingangs zitierten Worten in verschiedenen Medien und in sozialen Netzwerken. Das wollte Reski, die international als Mafia-Expertin anerkannt ist, nicht auf sich sitzen lassen und verklagte Ende September Augstein auf Unterlassung.

Darüber wurde am 1. Oktober 2017 vor dem Landgericht Hamburg verhandelt (»nd« berichtete). Die Frage, die das Gericht zu klären hatte, war, ob es sich bei Reskis Artikel um zulässige Gerichtsberichterstattung oder unzulässige Verdachtsberichterstattung gehandelt habe. Konkret ging es um die Frage, ob es statthaft sei, dass die Journalistin in einem Verfahren, in dem jemand dagegen klagt, dass sein Name öffentlich in den Medien genannt werde, in einem Bericht über dieses Verfahren genau diesen Namen nennen darf.

Während das Erfurter Landgericht zu dem Schluss kam: Nein, das darf sie nicht, ließ die Hamburger Richterin bereits am ersten Prozesstag durchblicken, dass sie möglicherweise zu einem anderen Ergebnis kommen werde. Allerdings ist das Erfurter Urteil inzwischen rechtsgültig und war somit auch für die Hamburger Kammer bindend. Eine »bewusste« Handlung oder gar »Täuschung« des Freitags vermochte die Richterin in der Arbeitsweise Reskis jedoch nicht zu erkennen.

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