»Die Linken produzieren nebeneinander her«

In Marseille wollen Parteien, Initiativen und Organisationen über neue Formen der Zusammenarbeit beraten

Es gibt bereits verschiedene linke Foren und Denkfabriken, transform! ist eine davon. Warum muss jetzt noch ein weiteres Forum entstehen?
Transform! ist ein Netzwerk und in diesem Sinne natürlich auch eine Institution. Aber die Foren, auf die Sie Bezug nehmen, wie »DiEM25« oder die Serie der »Plan B«-Konferenzen, sind im wesentlichen Initiativen, die nebeneinander her »produzieren«. Dieser Zustand ist unbefriedigend. Wir müssen versuchen, die unterschiedlichen Gruppierungen, die über eine alternative Zukunft für die europäische Integration nachdenken, an einem Punkt zu versammeln, Überlegungen und Ideen auszutauschen und danach trachten, zu gemeinsamen Schlussfolgerungen zu kommen. Der zweite Aspekt, der das Forum in Marseille auszeichnet, ist die Ambition, eine permanente Struktur zu schaffen, nach dem Format des Sao-Paulo-Forums. Also einen Rahmen, in dem die verschiedenen progressiven Kräfte Europas in einem längerfristigen Prozess eine gemeinsame Strategie entwickeln und ihre Initiativen miteinander abgleichen.

Das ist in anderen Zusammenschlüssen, wie der Partei der Europäischen Linken, bislang kaum gelungen. In den verschiedenen linken Parteien, Organisationen, Verbänden und Initiativen gibt es sehr unterschiedliche Positionen, insbesondere zur EU. Lässt sich das unter einen Hut bekommen?
Wir haben keine Alternativen dazu. Alles andere wäre angesichts der Fragmentierung der Linken und des Vormarsches der nationalistischen radikalen Rechten unverantwortlich.

Welche Ergebnisse soll denn das Marseille-Forum bringen? Dokumente, Resolutionen, gemeinsame Aktionen?
Ich glaube, das Forum in Marseille ist ein erster Schritt, wenn man so will die Keimform einer Zusammenarbeit. Ich sehe keine Resolutionen, dazu ist die Zeit nicht reif, sondern ich hoffe, dass die dort repräsentierten Kräfte sich darauf einigen können, die Diskussion zu intensivieren und sich auch darauf verpflichten, Formen der Zusammenarbeit ausfindig zu machen.

Stichwort Sao-Paulo-Forum der lateinamerikanischen Linken.
Das Beispiel des Sao-Paulo-Forums ist auf Europa nicht eins zu eins übertragbar. Sao Paulo ist von politischen Parteien getragen, in Europa existieren aber neben den politischen Parteien die Zivilgesellschaft, Gewerkschaften mit ihren eigenen Strukturen, eine breite politische Linke. Aber wie bringen wir diese Teile zusammen? Daher ist die Debattenanordnung in Marseille auch sehr frei, um zu ermöglichen, dass zu diesen Fragen zunächst einmal Meinungsaustausch stattfindet, der dann am Schluss zusammengefasst werden wird und hoffentlich zu einem Konsens führt, dieses Format weiterzuführen und Formen der Zusammenarbeit ausfindig zu machen.

Lässt sich mit einer Initiative wie dem Marseille-Forum in einer späteren Phase reale Politik mitbestimmen?
Ja, das hoffe ich. Ich meine, es gibt dieses böse Wort, dass das Hauptergebnis von Konferenzen darin besteht, neue Konferenzen zu organisieren. Ein solches Ergebnis wäre sehr unbefriedigend. Meiner Meinung kommt es darauf an, die progressiven Kräfte strategisch aufzustellen.

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