Mélenchon will die Jugend mobilisieren

La France insoumise hält erste Jahrestagung ab und berät »prioritäre Kampagnen«

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 3 Min.

Die 2016 von Jean-Luc Mélenchon gegründete Bewegung La France insoumise hält an diesem Wochenende in Clermont-Ferrand ihre erste »Convention« genannte Jahrestagung ab. Von den – nach Geschlecht streng paritätischen – 1500 Delegierten wurden 75 Prozent aus dem Kreis jener Mitglieder der Bewegung ausgelost, die sich darum beworben hatten. Die restlichen 25 Prozent sind Vertreter der verschiedenen Ebenen der Bewegung.

Der Konvent wurde seit Mitte August vorbereitet, indem einzelne Mitglieder oder Gruppen ihre Vorschläge für zu behandelnde Themen und Aktionen an »Ideenbriefkästen« auf der Internetplattform der Bewegung geschickt haben. Dabei sind mehr als 4000 Vorschläge eingegangen, berichtet Manuel Bompard, Abgeordneter von Saint-Denis und in der Bewegung zuständig für Kampagnen. Darauf aufbauend soll die Tagung vier Arbeitspapiere diskutieren und verabschieden: drei über die Themen, die Methoden und die Mittel der nächsten Kampagnen sowie ein viertes über die Organisation der Bewegung, die auch weiterhin unkonventionell-locker bleiben soll.

Es ist geplant, künftig jedes Jahr eine Convention der Bewegung abzuhalten und in der Zeit dazwischen »eine langfristige Kampagne durchzuführen, die nicht unbedingt einem aktuellen Thema gewidmet sein muss«, präzisiert Bompard. Zur internen Struktur der Bewegung soll auf der Tagung diskutiert und abgestimmt werden, ob und wie sich die Bewegung eine »repräsentative Versammlung« gibt, die sich einerseits aus Vertretern der verschiedenen »operationellen Teams« und andererseits aus per Los gezogenen Mitgliedern von der Basis zusammensetzt. Diese Versammlung soll, so Bompard, 200 bis 250 Mitglieder haben und zwischen den Jahrestagungen in regelmäßigen Abständen zusammenkommen, um aktuelle Beschlüsse zu fassen.

Besonderes Interesse konzentriert sich darauf, welches Schwerpunktthema sich die Bewegung für die nächsten Monate geben wird. In den zurückliegenden Monaten war es der Kampf gegen die Reformen, die Präsident Emmanuel Macron eine nach der anderen umsetzen will. Dabei hat sich Jean-Luc Mélenchon mit seiner Bewegung an der Seite der kämpferischen CGT engagiert, doch da die anderen Gewerkschaften entweder auf den Reformkurs eingeschwenkt sind oder sich mit Detailkorrekturen zufrieden gegeben haben, kam keine einheitliche und kampfstarke Front zustande. »Diese erste Runde ist eins zu null an Macron gegangen«, hat Mélenchon vor Wochen zur Überraschung vieler Beobachter eingeräumt.

Die jetzt anlaufende zweite Etappe von Macrons Reformprogramm - die komplette Neugestaltung des bisher höchst ineffizienten Systems der beruflichen Aus- und Weiterbildung - bietet schwerlich Angriffsflächen. Für eine derartige Umgestaltung hat sich Mélenchon selbst eingesetzt, als er noch Sozialist und 2000 bis 2002 in der Linksregierung von Premier Lionel Jospin Staatssekretär für Berufsbildung war.

Doch als in diesem Sommer viele Gymnasiasten und Studenten gegen die Pläne protestiert haben, die Anforderungen des Abiturs zu verschärfen und Auswahlverfahren für die Aufnahme eines Hochschulstudiums einzuführen, kam Mélenchon eine Idee: Er erinnerte sich, dass er bei der Präsidentschaftswahl 30 Prozent der Stimmen der 18 bis 24-jährigen Franzosen auf sich vereinigen konnte. Doch für die Demonstrationen gegen die Arbeitsrechtsreform ließen sich diese jungen Anhänger nicht mobilisieren. Jetzt will Mélenchon mit seiner Bewegung Themen, die Jugendlichen näher liegen – wie Schule, Abitur und Studium, aber auch Jugendarbeitslosigkeit, Perspektivlosigkeit und Jugendarmut – aufgreifen und so eine neue Welle der Opposition gegen »Macron, Präsident der Reichen« in Bewegung setzen.

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