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Für Anleger, die Verluste verkraften
Mechthild Schrooten über den Höhenflug des Bitcoins und die Wirkung von Kryptowährungen auf unser Geldsystem
Bitcoins sind der Finanzmarkt-Hype des Jahres 2017. Die rasante Bitcoin-Kursentwicklung hat dazu geführt, dass der Begriff »Kryptowährung« Eingang in den Wortschatz vieler gefunden hat. Was für ein seltsames Gebilde. Hinter Bitcoins und anderen digital-virtuellen Währungen stehen weder Regierungen, Finanzmarktaufsichten noch Zentralbanken - so viel ist bekannt. Vielmehr liegen diesen privatwirtschaftlich geschaffenen Geldern Algorithmen zugrunde, über die man im Einzelfall nicht allzu viel weiß.
Was ermöglichen Bitcoins, was andere Währungen nicht haben? Ursprünglich ging es wohl darum, Finanztransaktionen ohne einen traditionellen Intermediär - also etwa ohne eine Bank - durchzuführen. Grundlage dafür bietet die dezentrale, netzwerkgestützte Übertragung von Eigentumsrechten an Bitcoins, die in sogenannten Blockchains dokumentiert wird. Die Blockchains sind vergleichbar mit Kassenbüchern. Ohne Internet und eine entsprechende Technologie würden diese Cyber-Gelder nicht existieren.
Bitcoins zielten daher im ersten Schritt vor allem darauf, Finanztransaktionen ohne traditionelle Finanzintermediäre und Regulierung durchzuführen. Das Interesse an solchen Finanztransaktionen war nach der internationalen Finanzkrise offenbar zunächst relativ gering; der Bitcoin-Kurs entwickelte sich langweilig. Inzwischen hat sich das Bild gewandelt. Die Nachfrage scheint beachtlich. Das lässt ganz marktwirtschaftlich die Preise steigen. Die wachsenden Preise für Bitcoins ziehen Spekulationskapital an - diese Kräfte beschleunigen sich selbst und treiben den Kurs an.
Die Interpretation der Bitcoin-Kursentwicklung ist bislang schwierig. Stark steigende Kurse sind keineswegs mit einem wachsenden Vertrauen gleichzusetzen. Vielmehr sind sie ein Indikator für den spekulativen Charakter dieser Geldanlage. Der Bitcoin-Kurs, das ist der Wechselkurs zu den Leitwährungen, wird durch Markttransaktionen laufend beeinflusst. Werden Bitcoins gegen real existierende Währungen getauscht, dann können die Spekulationsrenditen abgeschöpft werden. Gleichzeitig steigt damit das Bitcoin-Angebot, der Marktpreis sinkt tendenziell.
Bitcoins und Co. haben in den letzten Tagen einen Dämpfer erfahren. Massive Kursveränderungen in kürzester Zeit machen klar, dass die Bitcoin-Währung wohl nicht ohne weiteres die Funktion eines Wertaufbewahrungsmittels übernehmen kann. Die Wertaufbewahrungsfunktion ist aber neben der Tausch- und Zahlungsmittelfunktion zentral für funktionierendes Geld. Denn auch Kryptogeld braucht, wenn es funktionieren soll, Vertrauen. Die traditionellen Währungen befinden sich in einem stetigen Wettbewerb um das Vertrauen der Menschen, Unternehmen und Staaten. Es gibt nur wenige Währungen auf der Welt, die ein dauerhaftes Vertrauen gewinnen konnten - das sind die bekannten Leitwährungen wie der US-Dollar und auch der Euro. Cyberwährungen sind bislang darauf angewiesen, in diese Währungen umgerechnet zu werden. Das liegt auch an der eingeschränkten Geldfunktion, die diese Kryptowährungen übernehmen. Aktuell sind Bitcoins eher etwas für AnlegerInnen, die mit massiven Verlusten leben können.
Dennoch ist die Wirkung von Bitcoin und Co. auf unser Geldsystem und unseren Alltag nicht zu unterschätzen. So viel ist schon klar: Ihre Existenz und die zugrunde liegende Technologie werden zu weiteren Finanzinnovationen auch bei den traditionellen Geldgeschäften führen. Brillant dürften die Ansätze sein, die traditionelle Finanztransaktionen ohne traditionelle Finanzintermediäre und Effizienzgewinne durch Digitalisierung ermöglichen. Digitale Zahlungen werden in der Zukunft eine deutlich größere Rolle spielen. Geld bleibt damit ein wichtiges, grenzüberschreitendes Kommunikationsmittel.
Noch können Bitcoin und Co. auf Regulierungsnischen setzen. Ohnehin bedienen diese Spezialgelder derzeit eher Nischen. Echte Marktmacht könnten sie erst entfalten, wenn ihnen dauerhaft Vertrauen entgegen gebracht wird. Das aber wiederum wird sich nur dann einstellen, wenn von den MarktteilnehmerInnen Regeln zu beachten sind, die das Risiko dieser Kryptogelder minimieren. Logisch wäre es, dass auch Kryptowährungen und Kryptotransaktionen der internationalen Regulierung unterworfen werden. Denn eine Krise des Geldsystems kann sich auch im Zeitalter der Digitalisierung niemand leisten.
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