Im Süden Sri Lankas kooperiert der deutsche Unternehmer Thomas Gerbracht mit über 1000 Biobauern.
»Tanamera Estate« steht in großen Lettern an dem Tor, das wir nach 20-minütiger Fahrt durch das grüne Hinterland von Weligama passieren. Die Farm ist das Refugium von Thomas Gerbracht, der vor 13 Jahren Ludwigshafen hinter sich ließ, um »etwas Neues anzufangen«. Der Betriebswirt hatte in der südwestdeutschen Gastronomie Unternehmer-Erfahrungen gesammelt. Aber nach einem Urlaub in Sri Lanka waren er und seine Frau Heike »von der Insel und der Vielfalt ihrer Natur« derart fasziniert, dass sie sich dort ansiedelten. Kurz entschlossen kauften sie die Tanamera-Farm.
»Wir wollten eigentlich Früchte und Gemüse anbauen, um uns und unsere Kinder mit natürlichen, gesunden Lebensmitteln zu ernähren«, erzählt Gerbracht. Die Mehrerträge wollten die eingewanderten Neubauern auf dem lokalen Markt verkaufen. Doch bald dehnten sie ihre Unternehmungen aus und begannen, ihre Bioprodukte zu exportieren - zunächst nur in die alte Heimat. »Wir haben viel experimentiert«, erinnert sich Gerbracht, »auch viele Fehler und böse Erfahrungen mit Zwischenhändlern gemacht.«
Heute ist die Firma Target agriculture Ltd. ein mittelgroßer Player auf dem schnell wachsenden Welt-Biomarkt, dessen Gesamtumfang in den letzten Jahren auf 25 bis 30 Milliarden US-Dollar angewachsen ist. Bei getrockneten Ananasscheiben aus ökologischem Anbau habe die Firma ebenso wie bei Bio-Kokosraspeln etwa 70 Prozent Marktanteil, meint der Unternehmer. Inzwischen vertreibt Target agriculture nicht weniger als 150 Bio-Produkte, 30 davon zertifiziert. Neben Ananas und Kokosnüssen verarbeitet die Firma Bananen, Mangos, Papayas und Jackfrüchte, die in Stücken, Scheiben oder als Saft auf den Markt kommen. Daneben bietet die Gerbracht-Firma Cashewnüsse, Zimt, Pfeffer und Tee. Die Produkte gehen heute bis nach Australien, Japan und in die USA.
Die Nachfrage ist groß - Target agriculture ist immer wieder auf der Suche nach neuen Lieferanten. »Für die Produktion von einem Kilo Trockenfrüchten«, rechnet Gerbracht vor, »benötigen wir 23 Kilo Fruchtmassse.« Inzwischen verfügt die Firma über ein Netzwerk von gut 1000 Vertrags-Biobauern mit einer Kultivierungsfläche von 15 000 Hektar. Insgesamt beschäftigt Gerbracht direkt und indirekt 15 000 Sri Lanker. Die Bio-Bauern werden regelmäßig geschult, wie man Krankheiten auf natürliche Weise bekämpft, Kompostplätze anlegt und den Boden mit Mikroorganismen »füttert«. Ein internes Kontrollsystem sorgt dafür, dass »Bio auch drin ist, wo Bio draufsteht«. Gerbracht zieht einen Ordner hervor und erläutert die detaillierten Angaben zu einem zertifizierten Bio-Acker: Landschaftsbeschreibung, Klima, letzte Anwendung von chemischem Dünger (drei Jahre Wartezeit), Kompostarten, dazu die Inspektionsreports.
Da die reichen biologischen Ressourcen im Süden und Westen Sri Lankas begrenzt sind, versuchte Gerbracht, nach dem Waffenstillstand von 2002 zwischen der Regierung und den tamilischen Rebellen den biologischen Anbau auch im Osten und Norden zu fördern. Doch das Wiederaufflammen des Bürgerkrieges machte diese Pläne zunichte. Unterdessen dehnte er sein Bio-Imperium auf weitere Länder aus. In Malaysia besitzt seine Firma zwei Verarbeitungsanlagen für Trockenfrüchte. In Pakistan betreibt sie das mit 6000 Hektar größte Bio-Projekt des Landes. »Das Klima dort ist ideal für die Sorte Chounsa-Mango, den König unter den Alphonso-Mangos«, schwärmt Gerbracht.
Doch der 49-Jährige schaut auch in anderer Hinsicht über den Tellerrand hinaus. Da er glaubt, dass die Bio-Landwirtschaft eine entscheidende Ressource Sri Lankas werden könnte, engagiert er sich in der Hauptstadt Colombo für deren Entwicklung. Er freut sich, dass etliche andere Bio-Unternehmen entstanden - obwohl sie zum Teil als Konkurrenten auftreten. Und als der Tsunami über die Insel hereinbrach, engagierte sich die Gerbracht-Familie für die vielen tausend obdachlos gewordenen Katastrophenopfer rings um Weligama. Als sich aus einem Kontakt mit Frankfurt (Oder) das Öko-Village-Projekt des Berliner Solidaritätsdienstes International (SODI) entwickelte, zeichnete Gerbracht als Projektbeauftragter. In der zweiten Phase entsteht gegenwärtig eine Verarbeitungsanlage für Bioprodukte, die 500 Jobs schaffen soll. Als er kürzlich die Nürnberger Bio-Fach-Messe besuchte, machte er auch einen Abstecher an die Oder, um für den Bau eines Kindergartens zu werben, den sich die Tsunami-Opfer zusätzlich wünschen.
Bevor wir die Tanamera-Farm verlassen, lässt uns Gerbracht einen Blick auf eine Reihe von Gläsern mit Proben von Marmeladen und Chutneys werfen - völlig neue Mischungen aus Bananen, Papayas, Cashew oder Kokos. Nach Prüfung in einem Schweizer Institut werden etliche von ihnen wohl auch die Palette der Bioprodukte von Target agriculture erweitern. »Wir produzieren hauptsächlich für deutsche Markennamen«, sagt Gerbracht. »Der Biokäufer kann davon ausgehen, dass zumindest getrocknete Ananas, Cashewnüsse oder Kokosflocken aus unseren Projekten stammen.«