Kein Anspruch auf DDR-Zusatzversorgung

Kläger scheitert vor Bundesverwaltungsgericht mit Versuch der nachträglichen Einbeziehung in Sonderversorgungssystem

  • Sven Eichstädt, Leipzig
  • Lesedauer: 3 Min.

In der DDR politisch Verfolgte können nicht in jedem Fall nachträglich in die Zusatzversorgung der DDR für Rentner einbezogen werden. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am Donnerstag in einem Grundsatzurteil entschieden (Az. 3 C 3.16). Geklagt und schließlich auch verloren hatte Wolfgang R., seine Klage richtete sich gegen das Brandenburger Innenministerium. R. war zu DDR-Zeiten als Diplom-Ingenieur beim VEB Halbleiter Frankfurt/Oder tätig. Nachdem er einen Ausreiseantrag gestellt hatte, war er gezwungen worden, dieses Arbeitsverhältnis zu kündigen. Deshalb musste er von Juni 1986 an bis zu seiner Ausreise in die Bundesrepublik im Februar 1988 als Hausmeister arbeiten.

1997 wurde er als Verfolgter nach dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz anerkannt. Für die Zeit der Arbeit als Hausmeister von Juni 1986 bis Februar 1988 wird er in der Rentenversicherung als Diplom-Ingenieur geführt. Die Rentenversicherung unterstellt also für die Berechnung der Rente, dass er auch in dieser Zeit weiter als Diplom-Ingenieur gearbeitet hätte, wenn er nicht den Ausreiseantrag eingereicht hätte. Im August 2009 stellte er außerdem noch den Antrag, dass er für die Berechnung der Rente so gestellt werden möchte, als ob er von Juni 1986 bis zur Wiedervereinigung dem Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz der DDR angehört hätte. Nach Angaben des Innenministeriums in Potsdam waren zwischen drei und fünf Prozent der Ingenieure zu DDR-Zeiten über diese Zusatzversorgung versichert.

Diesen Antrag lehnte das Ministerium im November 2013 ab. Deshalb folgte die Klage von R. gegen diesen Bescheid, die das Verwaltungsgericht Potsdam im November 2014 abwies. Der Dritte Senat des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig bestätigte nun die Potsdamer Entscheidung und wies die Revision von R. zurück.

Für ihre Entscheidung ziehen die fünf Bundesrichter verschiedene Argumente heran. Ein Argument lautet, dass Wolfgang R. »dem Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz zu keinem Zeitpunkt angehört« habe, wie die Vorsitzende Richterin Renate Philipp sagte. Weiter wies sie darauf hin, dass es »nicht ersichtlich ist, dass er aus Gründen der politischen Verfolgung nicht einbezogen worden war«. Damit meinen die Richter des Dritten Senats die Zeit bis Juni 1986, als er den Ausreiseantrag gestellt hatte. Ergänzend wies Philipp darauf hin, dass »eine Versorgungszusage nur die Spitzenleistungsträger der technischen Entwicklung erhalten« hätten.

Nun hätte es noch eine weitere Möglichkeit gegeben, dass R. in den Genuss einer höheren Rente wegen einer nachträglichen Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz hätte kommen können. Und zwar dann, wenn das Bundesverwaltungsgericht die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in Kassel zum Anspruchs- und Anwartschaftsübertragungsgesetz auf diesen Fall und damit auf das Berufliche Rehabilitierungsgesetz übertragen hätte. Dies haben die Richter des Dritten Senats jedoch nicht getan.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts genügt es, »wenn der Betroffene die Voraussetzungen für die Aufnahme in das Zusatzversorgungssystem zum Stichtag 30. Juni 1990 objektiv erfüllt hat«, wie Richterin Philipp erläuterte. Zu diesem Zeitpunkt wurden die Zusatzversorgungssysteme geschlossen. Man musste also zu diesem Zeitpunkt als Ingenieur arbeiten, der Volkseigene Betrieb durfte noch nicht Konkurs angemeldet haben und man musste in der damaligen DDR leben.

Nun sehen die Bundesrichter in Leipzig den Zweck des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes anders: Damit sollen »in der DDR erlittene verfolgungsbedingte Nachteile ausgeglichen werden«, wie Philipp sagte. »Zu diesen Nachteilen gehört es nicht, wenn ein Verfolgter aus einer im bundesdeutschen Rentenrecht geschaffenen Stichtagsregelung keinen Nutzen ziehen kann.« Das bedeutet, dass es nicht als »verfolgungsbedingter Nachteil« für R. gilt, dass er im Juni 1990 wegen seines erfolgreichen Ausreiseantrags nicht mehr in der DDR lebte und nicht mehr in einem Volkseigenen Betrieb als Ingenieur arbeitete.

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