Entscheidung in der Extrazeit

Leverkusens Fußballer bestätigen mit dem 4:2 im Pokalviertelfinale gegen Bremen ihre gute Entwicklung

  • Andreas Morbach, Leverkusen
  • Lesedauer: 3 Min.

Die bekannten Gesänge zur ersehnten Endspielfahrt nach Berlin waren gerade verklungen, als Julian Brandt mit breitem Dauergrinsen durch die Katakomben der Leverkusener Arena flanierte. Ein Glückwunsch hier, ein Schulterklopfen da, dann berichtete der 21-Jährige von seinen bisherigen Finalerfahrungen. »Ich war noch nie dabei«, seufzte Leverkusens Offensivspieler. »Ich war noch nicht mal in einem Halbfinale.« Diese Lücke in seiner Vita hat der gebürtige Bremer mit dem 4:2 nach Verlängerung gegen Werder nun geschlossen. Und vor der Auslosung der Halbfinals am Sonntag ist Brandt längst einen Schritt weiter: »Ich will nach Berlin.«

Die Chancen auf einen dritten Titel in der spärlich gefüllten Pokalvitrine des Werksklubs erachtet er als »definitiv gut«. Der Sieg über den starken Gegner aus seiner Heimatstadt verstärkte den Optimismus noch, schließlich lagen die Rheinländer nach sieben Minuten schon 0:2 zurück. »Das war klar unser Verdienst«, sagte Brandt in fröhlicher Selbstironie. Und es untermalte das locker schwingende Selbstbewusstsein der Leverkusener, als er beinahe entschuldigend weiter ausführte: »Es hat ein bisschen gedauert, bis wir die zwei Tore geschossen hatten.«

Die Treffer zum zwischenzeitlichen Gleichstand erzielte Brandt, nach 31 und 55 Minuten. Im Mai 2017 mühte sich das verunsicherte Bayer-Ensemble am vorletzten Spieltag noch zum Klassenerhalt, nun schwärmte Werders Traienr Florian Kohfeldt über das eigene Team und den Gegner: »Das war ein Pokalspiel, wie man es sich wünscht, auf hohem taktischem und spielerischem Niveau. Wir haben unglücklich gegen eine absolute Spitzenmannschaft der Bundesliga verloren, die zu Recht auf Platz zwei steht.«

Nach dem Traumstart mit Toren durch Max Kruse (Foulelfmeter) und Aron Johansson versäumten es die Bremer, Leverkusens Findungsphase mit einem dritten Tiefschlag nachhaltig zu erschüttern. Kohfeldt überraschte den Kollegen Heiko Herrlich mit der Doppelspitze in seiner Startelf. Doch der frühere Stürmer mausert sich in seinem ersten Jahr bei Bayer zu Mister Flexibilität, mit spontanen Systemumstellungen drehte er bereits einige Spiele zu Gunsten der Leverkusener. Werder war nun Herrlichs nächste Herausforderung - und als die gemeistert war, erklärte er: »Wir mussten unsere Konstellation früh völlig über den Haufen werfen und hatten Glück, dass nicht das 0:3 fiel. Dann haben wir umgestellt und immer mehr Zugriff bekommen.«

Vor allem aber rannten die Gastgeber trotz der unangenehmen Spieleröffnung nicht wie aufgescheuchte Hühner über den Rasen, sondern blieben ihrem technisch sauberen Stil mit schnellen, scharfen Kombinationen treu. Nach 45 stand es 1:2, Trainer Herrlich berichtete nachher aus dem Leverkusener Innenleben: »In der Halbzeit haben wir uns vorgenommen, das Spiel noch total zu drehen.« Nach Brandts Ausgleich bedurfte es dazu zwar immerhin einer Verlängerung. Doch spätestens da wurde deutlich, dass Herrlichs Ensemble nicht nur über die größeren körperlichen Reserven verfügt. Sondern auch über die besser besetzte Ersatzbank.

Der eingewechselte Karim Bellarabi, als gebürtiger Berliner im Alter von acht bis 14 in Werders Jugendmannschaften großgeworden, und der 18-jährige Edeltechniker Kai Havertz sorgten in der Extrazeit für die Entscheidung. Doppeltorschütze Julian Brandt verfolgte die letzten 18 Minuten von der Bank aus und bereitete in dieser kleinen Ruhezeit schon mal sein Fazit für den höchst unterhaltsamen Pokalabend vor. »Eine gewisse Basis«, erzählte er dann, »war schon in der letzten Saison da. Aber über den Sommer haben wir mit dem neuen Trainer immer wieder daran geschraubt, dass die Verantwortung nicht nur bei vier oder fünf Spielern liegt. Sondern bei allen. Die Partie gegen Bremen spiegelt einfach wider, wie die Mannschaft sich entwickelt.« Und zur Krönung gibt’s im Mai dann womöglich eine Endspielfahrt nach Berlin.

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