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Integrationshindernis für R2G
Uwe Kalbe zum Gesetz gegen Flüchtlingsfamilien, das den Bundesrat passierte
Der Streit um den Familiennachzug von Bürgerkriegsflüchtlingen zeigt, wie schnell sich formschöne, wolkige Begriffe aus dem Wertekanon einer selbstgerechten Gesellschaft in Nichts auflösen können. Familie und Integration verlieren im politischen Interessenabgleich rasch ihren Klang ewiglicher Geltung. Selbst wenn diese Interessen von einem Mythos begründet sind - dem Mythos von der überlasteten Gesellschaft. Die Ländermehrheit im Bundesrat, die das Gesetz zur weiteren Aussetzung des Familiennachzugs bestätigte, zeigt, mit welch leichter Hand Parlamente über angeblich normative Ansprüche entscheiden. Es ist die gleiche Leichtfertigkeit, mit der Parlamentarier auch sonst tief in die Biografien von Menschengruppen schneiden, denen sie sich nicht zugehörig fühlen.
Der verhinderte Familiennachzug ist nur ein Beispiel, wie wenig verlässlich parlamentarische Interessenvertretung für die Schwächsten der Gesellschaft ist. Die Berliner SPD hat sich eilfertig der Koalitionsdisziplin einer noch gar nicht bestätigten Bundesregierung untergeordnet, während das CDU-geführte Schleswig-Holstein den Aufstand der Anständigen gegen das Gesetz anführte. Frust und Politikverdrossenheit der Betroffenen können die Urheber diesmal kaum treffen. Sie sind nicht wahlberechtigt. Aber auch Rot-Rot-Grün in Berlin muss sich davon erst einmal erholen.
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